Arbeitsprogramm 2021 – Thematische Auswahl
Berlin, 7. April 2021 – Vielfältige gesetzliche Aufträge und Beratungen zu neuen Themen kennzeichnen auch 2021 die Arbeit des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA). Verbindendes Element der einzelnen Arbeitsaufträge ist es wie in den Jahren zuvor, die Gesundheitsversorgung in Deutschland zu verbessern.
Die folgende Übersicht zeigt eine Auswahl an Themen, die der G-BA zusätzlich zum routinemäßigen Fortschreiben und Aktualisieren der Richtlinien in diesem Kalenderjahr bearbeiten wird.
Arzneimittel
Frühe Nutzenbewertung neuer Arzneimittel gem. § 35a SGB V
Zusätzlich zu den bis heute im Jahr 2021 bereits gefassten 31 Beschlüssen zur frühen Nutzenbewertung von neuen Arzneimitteln werden nach derzeitiger Einschätzung etwa 70 weitere Bewertungen bis zum Jahresende hinzukommen. Darunter werden auch Arzneimittel gegen das Coronavirus sein.
Qualitätssicherung bei Arzneimitteln für neuartige Therapien (Advanced Therapy Medicinal Products, ATMP)
Es zeichnet sich ab, dass es 2021 eine steigende Anzahl von ATMP-Zulassungen wie Gentherapeutika oder somatische Zelltherapeutika geben wird – in sehr unterschiedlichen neuen Indikationen, wie z. B. soliden Tumoren. Für ihre qualitätsgesicherte Anwendung wird der G-BA nun die Rahmenrichtlinie beschließen – bislang ist die Qualitätssicherung für die einzelnen ATMP in separaten Beschlüssen geregelt.
Anwendungsbegleitende Datenerhebung
Bereits am 4. Februar 2021 hat der G-BA zum ersten Mal gegenüber dem Hersteller von Zolgensma®, einer neuartigen Gentherapie gegen eine bestimmte Form der spinalen Muskelatrophie (SMA) bei Kindern, eine anwendungsbegleitende Datenerhebung als Auflage beschlossen. Hier waren die Studiendaten zum Zeitpunkt der Zulassung für die Bewertung des Nutzens und Zusatznutzens nur wenig aussagekräftig. Sie sollen nun durch Daten aus der Anwendung des Arzneimittels im klinischen Alltag erhoben werden. Die Erfahrungen aus diesem Verfahren werden in die Prüfung weiterer Wirkstoffkandidaten einfließen. Der G-BA erwartet, dass in diesem Kalenderjahr vermutlich mindestens ein weiterer Wirkstoff eine solche Auflage erhalten wird, um Daten aus der praktischen Anwendung zu erfassen.
Thema: Anwendungsbegleitende Datenerhebung bei neuen Arzneimitteln
Austauschbarkeit von Biologika
Der G-BA wird die noch ausstehende Anlage VIIa der Arzneimittel-Richtlinie zur Austauschbarkeit von Biologika erarbeiten. Es geht darum, über die Zulassungszusammenhänge für Wirkstoffe zu informieren, die biotechnologisch hergestellt werden und zu denen es mindestens ein im Wesentlichen gleiches biotechnologisch hergestelltes biologisches Arzneimittel im Sinne des Artikels 10 Absatz 4 der Richtlinie 2001/83/EG (Biosimilars) oder mehrere Original- und damit mehrere potenzielle Referenzarzneimittel auf dem deutschen Markt gibt. 2020 hat der G-BA bereits Hinweise für eine wirtschaftliche ärztliche Verordnung(PDF 80,45 kB) definiert, die nun um die beschriebene Übersicht ergänzt werden sollen, um so Ärztinnen und Ärzten weitergehende Informationen über den Biologika-Markt in Deutschland zur Verfügung zu stellen. Des Weiteren wird sich der G-BA mit den bis August 2022 zu beschließenden Hinweisen zum Austausch von biotechnologisch hergestellten Arzneimitteln auf Apothekenebene befassen.
Thema: Austausch unter biotechnologisch hergestellten Arzneimitteln
Verbandmittel/sonstige Produkte zur Wundbehandlung
Nachdem der Beschluss des G-BA vom 20. August 2020 über die Änderung der Arzneimittel-Richtlinie (AM-RL) in Kraft getreten war, der in Abschnitt P die Abgrenzung von Verbandmitteln und sonstigen Produkten zur Wundbehandlung regelt, beschloss der G-BA am 21. Januar 2021 Änderungen seiner Verfahrensordnung: Zeitnah sollen damit auch die Grundzüge des Bewertungsverfahrens zur Umsetzung der neuen Regelungen und damit die Grundlage für Beschlüsse nach § 31 Absatz 1a SGB V feststehen. Ist die Verfahrensordnung genehmigt, kann der G-BA auf dieser Grundlage bei begründeten Hinweisen – insbesondere durch betroffene Hersteller – eine weitere Klarstellung zu Abgrenzungsfragen in den kommenden Monaten in der AM-RL vornehmen. Um produktgruppenbezogenen Anpassungsbedarf des Abschnitts P/Anlage Va der AM-RL dem G-BA gegenüber adressieren zu können, wird der G-BA ein Servicedokument zur Verfügung stellen.
Derzeit wird im Rahmen der parlamentarischen Beratungen zum Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz (GVWG) eine Verlängerung der augenblicklich geltenden gesetzlichen Übergangsfrist von einem Jahr auf zwei oder sogar drei Jahre diskutiert.
Thema: Verbandmittel und sonstige Produkte zur Wundbehandlung
Ambulante Spezialfachärztliche Versorgung (ASV)
Behandlung von chronisch entzündlichen Darmerkrankungen und Hirntumoren
Zwei zusätzliche krankheitsspezifische Konkretisierungen und damit Ergänzungen seiner ASV-Richtlinie plant der G-BA für 2021: zu chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED) sowie zu Tumoren des Gehirns und der peripheren Nerven. Die Beratungen sollen im laufenden Kalenderjahr jeweils in einen Beschluss münden. Bisher gibt es 17 krankheitsspezifische Angebote für Patientinnen und Patienten mit komplexen, schwer therapierbaren und/oder seltenen Erkrankungen, zu denen dann die beiden neuen Ergänzungen hinzukommen werden.
Bedarfsplanung
Notfallversorgung: Ersteinschätzungsverfahren
Wenn sich Versicherte mit Krankheitsbeschwerden künftig hilfesuchend an die Notaufnahme eines Krankenhauses wenden, soll nach den bisherigen Plänen des Gesetzgebers ein Ersteinschätzungsverfahren greifen. Ziel ist es, je nach Schwere der Erkrankung oder Verletzung den medizinischen Bedarf bestmöglich zu koordinieren. Das heißt, es soll zwischen jenen eintreffenden Patientinnen und Patienten unterschieden werden, die sofort stationär oder ambulant im Krankenhaus behandelt werden müssen, und solchen, die aufgrund nur leichter medizinischer Probleme einen Termin bei einer niedergelassenen Ärztin bzw. einem niedergelassenen Arzt erhalten. Mit dem GVWG hat der G-BA die Aufgabe erhalten, ein solches Ersteinschätzungsverfahren vorzugeben, das die bereits in der Praxis zur Anwendung kommenden Instrumente berücksichtigt.
Anpassung Morbiditätsfaktor
Mit der Reform der Bedarfsplanung der niedergelassenen ärztlichen Versorgung 2019 wurde der sogenannte Morbiditätsfaktor eingeführt. Dieser wird alle zwei Jahre aktualisiert – erstmalig 2021. In einem zweistufigen Verfahren werden die bundesweit einheitlichen Verhältniszahlen – Einwohnerzahl pro Ärztin/Arzt – und damit das als angemessen betrachtete Soll-Versorgungsniveau angepasst. Ausschlaggebend sind Alters-, Geschlechts- und Morbiditätsstruktur. Auf diese Weise sorgt der Morbiditätsfaktor dafür, dass sich die Bedarfsplanung stärker an der Entwicklung der Bevölkerung orientiert und regionale Unterschiede berücksichtigt werden.
Disease-Management-Programme (DMP)
Aktualisierung DMP Brustkrebs und DMP Asthma bronchiale startet
Im laufenden Kalenderjahr beginnt der G-BA mit den Beratungen, um das DMP Brustkrebs und das DMP Asthma bronchiale zu aktualisieren. Ziel ist es, die Programme regelmäßig an neues medizinisches Wissen anzupassen. Seit 2020 prüft der G-BA routinemäßig, ob digitale medizinische Anwendungen in die DMP integriert werden können.
Neues DMP Adipositas
Im Entwurf für das GVWG ist vorgesehen, dass der G-BA die Anforderungen an ein DMP Adipositas entwickelt. Die entsprechenden Beratungen wird der G-BA in diesem Fall im Jahr 2021 aufnehmen.
Thema: Disease-Management-Programme
Methodenbewertung
Neue Methoden mit Medizinprodukten hoher Risikoklassen
Durch gesetzliche Änderungen bei der Erprobung von Methoden mit Hochrisikomedizinprodukten (§ 137h SGB V) hat das Verfahren eine Renaissance erfahren. Zuvor war es von den Krankenhäusern in Zusammenarbeit mit Medizinprodukteherstellern kaum genutzt worden. Seit der Neuregelung berät der G-BA nun in 8 Fällen über derartige Verfahren.
Dabei stehen grundsätzlich folgende Schritte an: In einer ersten Phase prüft der G-BA, ob das Verfahren bezogen auf die von Krankenhäusern oder Medizinprodukteherstellern eingereichten Informationen unter die Vorgaben des § 137h SGB V fällt (Einschlägigkeitsprüfung). Ist die Methode den § 137h-Verfahren zuzuordnen (Feststellungsbeschluss), bewertet der G-BA in der zweiten Phase auf der Grundlage der vorgelegten Evidenzdaten, ob der Nutzen oder die Unwirksamkeit oder die Schädlichkeit als belegt anzusehen ist. Ist dies nicht zu bejahen, nimmt der G-BA Beratungen zur Erprobung der jeweiligen Methode auf, d. h. er erarbeitet Richtlinien zur Erprobung. Die Erprobungs-Richtlinien sind innerhalb von 6 Monaten vom G-BA zu beschließen.
In 3 der 8 Fälle hat der G-BA bereits Beratungen zu Erprobungs-Richtlinien aufgenommen und setzt diese im laufenden Jahr fort:
Irreversible Elektroporation bei chronischer Bronchitis
Endoskopische duodenale Thermoablation bei Diabetes mellitus Typ 2
Medikamentenbeschichteter Ballonkatheter zur transurethralen Behandlung von Harnröhrenstrikturen
Zu 4 der übrigen 5 Verfahren hat der G-BA bereits die Einschlägigkeit der § 137-Verfahren festgestellt und prüft in diesem Jahr die vorgelegte Evidenz:
Perkutan implantierter interatrialer Shunt zur Behandlung der Herzinsuffizienz
Koronare Lithoplastie bei koronarer Herzkrankheit
Endovaskuläre Implantation eines Stentgrafts mit Klappenelement bei Trikuspidalklappeninsuffizienz
Zur Methode Mikrovaskuläre Reperfusion von Myokardgewebe mittels intrakoronar applizierter, hyperoxämischer Therapie zur additiven Behandlung bei akutem Vorderwandinfarkt läuft die Einschlägigkeitsprüfung noch, da die übermittelten Informationen unvollständig waren.
Erprobung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden
Weisen wissenschaftliche Erkenntnisse im Rahmen eines Beratungsverfahrens darauf hin, dass eine Methode das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative hat, initiiert der G-BA die Erprobung der Methode im Rahmen einer Studie. Daneben können auch Medizinproduktehersteller Anträge auf Erprobung stellen. Ziel ist es, mit Hilfe einer solchen Erprobungsstudie die notwendigen Erkenntnisse für die abschließende Bewertung des Nutzens der Methode zu gewinnen. Seit Jahresbeginn 2021 haben 3 Medizinproduktehersteller Anträge auf eine Erprobung gestellt. Aktuell wird u. a. zu den nachstehenden Methoden beraten:
- Erprobung der transkutanen Vagusnervstimulation bei pharmakoresistenter Epilepsie: Der G-BA wird den Beschluss für eine Erprobungs-Richtlinie vorbereiten.
- Erprobung der Phonokardiographie zum Ausschluss einer koronaren Herzkrankheit (KHK): Der G-BA wird eine Erprobungs-Richtlinie beraten und einen Beschluss vorbereiten.
- Erprobung der Schlafpositionstherapie bei bestimmter lagebedingter obstruktiver Schlafapnoe: Der G-BA wird eine Erprobungs-Richtlinie inkl. Stellungnahmeverfahren beraten und einen Beschluss vorbereiten.
Thema: Erprobung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden
Bewertung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden
Bei den folgenden 2 Behandlungen hat der G-BA festgestellt, dass der Einsatz des Hilfsmittels untrennbarer Bestandteil einer neuen Methode ist. Daraus folgt, dass sich ein Bewertungsverfahren zur Prüfung des medizinischen Nutzens als Voraussetzung für die Aufnahme in das Hilfsmittelverzeichnis und somit die ambulante Leistungserbringung anschließt:
High-Flow-Therapie zur Selbstanwendung bei fortgeschrittener chronischer obstruktiver Lungenerkrankung oder chronischer respiratorischer Insuffizienz Typ 1 (Beratungen gem. § 135 Absatz 1 Satz 1 SGB V ausgehend von Beratungen gem. § 139 Abs. 3 SGB V)
Selbstanwendung einer aktiven Bewegungsschiene durch Patientinnen und Patienten im Rahmen der Behandlung von Sprunggelenksfrakturen (Beratungen gem. § 135 Absatz 1 Satz 1 SGB V ausgehend von Beratungen gem. § 139 Abs. 3 SGB V)
Auf der Basis eines IQWiG-Berichts wird der G-BA Beratungen zur Bewertung der autologen Chondrozytenimplantation (ACI) am Kniegelenk als stationäre Leistung (§ 137c Abs. 1 SGB V) fortsetzen. Bei dieser Methode wird der beschädigte Knorpel im Knie durch natürliches Zellmaterial ersetzt, das aus einem kleinen Teil des Gelenkknorpels im Labor kultiviert wurde. Zugleich berät der G-BA seit diesem Jahr darüber, das bisherige Verfahren auch für den Bereich der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung (§ 135 Abs. 1 SGB V) zugänglich zu machen. Ein entsprechender Antrag liegt dem G-BA seit Februar 2021 vor. Es ist vorgesehen, beide Verfahren gemeinsam 2022 abzuschließen.
Zu den beiden folgenden neuen Behandlungsmethoden hatte der G-BA ursprünglich Erprobungen vorgesehen. Mittlerweile wurden jedoch Studien veröffentlicht, die Anlass zu der Einschätzung gaben, dass eine systematische Überprüfung (gemäß § 135 Absatz 1 SGB V) mit einer hohen Wahrscheinlichkeit zu einer positiven Empfehlung des G-BA führen würde. Aus diesem Grund stellte der G-BA die Beratungsverfahren über die geplanten Erprobungs-Richtlinien ein und leitete die Beratungen zur Bewertung der beiden Methoden ein.
- Stereotaktische Radiochirurgie zur Behandlung von Patientinnen und Patienten mit Hirnmetastasen (Beratungen gem. § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V ausgehend von Beratungen zu einer Erprobungs-Richtlinie gem. § 137e Abs. 7 SGB V)
- Stereotaktische Radiochirurgie zur Behandlung von Patientinnen und Patienten mit interventionsbedürftigen Vestibularisschwannomen, einem meist gutartigen Tumor am Gleichgewichtsnerv (Beratungen gem. § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V ausgehend von Beratungen zu einer Erprobungs-Richtlinie gem. § 137e Abs. 7 SGB V)
Auch bei einem weiteren Antrag auf Erprobung nahm der G-BA nun ein Methodenbewertungsverfahren auf. Hier erwiesen sich die vom Antragsteller vorgelegten Erkenntnisse bereits als so aussagekräftig, dass der G-BA mit hoher Wahrscheinlichkeit von einer positiven Empfehlung ausging und unmittelbar eine entsprechende Methodenbewertung einleitete.
- Hochfrequenzablation des Endometriums mittels Netzelektrode bei Menorrhagie (Beratungen gemäß §§ 135 Abs. 1 Satz 1 und 137c Abs. 1 SGB V ausgehend von Beratungen gem. § 137e Abs. 7 SGB V)
Überprüfung der Altersgrenzen beim Mammographie-Screening
Der G-BA beginnt ein Beratungsverfahren, um zu klären, ob die bisherigen Altersgrenzen für das Mammographie-Screening auf Brustkrebs aufgrund von Änderungen in der Datenlage angepasst werden müssen. Anstoß der Beratungen ist einerseits, dass das Bundesamt für Strahlenschutz die Früherkennung von Brustkrebs mittels Röntgenmammographie bei Frauen von 70 bis 74 Jahren und älter einer ausführlichen Begutachtung unterziehen wird. Andererseits hat die Brustkrebs-Initiative der Europäischen Kommission entsprechende Empfehlungen veröffentlicht. Die neue EU-Leitlinie empfiehlt das Mammographie-Screening zur Brustkrebsfrüherkennung über die bisherige Altersgruppe der 50- bis 69-Jährigen hinaus auch für Frauen zwischen 45 und 49 und vom 70. bis zum 74. Lebensjahr.
Programmevaluation zur Früherkennung Gebärmutterhals- und Darmkrebs
In Zusammenhang mit dem bald in Kraft tretenden Bundeskrebsregisterdatengesetz wird der G-BA 2021 die nächsten Schritte für den dringend erforderlichen Datenabgleich mit Krebsregistern vornehmen. Um die Früherkennungsprogramme auf Gebärmutterhals- und Darmkrebs auf der Basis von geeigneten Daten auch zur Programmbeurteilung stetig weiterzuentwickeln, hatte der G-BA Ärztinnen und Ärzte zu einer umfassenden Dokumentation verpflichtet. Auf Basis dieser Dokumentationen werden Ergebnisse erwartet u. a. über den Anteil und die Anzahl der entdeckten Erkrankungen beziehungsweise Frühstadien, die Entwicklung der Teilnahmeraten und das Einladungsverfahren selbst. Der G-BA veröffentlicht auf der Grundlage der Auswertungen alle zwei Jahre einen Bericht über die Ergebnisse zur Beurteilung der Krebsfrüherkennungsprogramme. Der erste ausführliche Bericht wird 2022 erwartet.
Thema: Beurteilung der organisierten Früherkennungsprogramme auf Darmkrebs und Gebärmutterhalskrebs
Richtlinie zur Kryokonservierung Teil II
Der G-BA setzt seine Beratungen zur Konservierung von männlichen und weiblichen Keimzellen in flüssigem Stickstoff (Kryokonservierung) fort. Er wird seinen Beschluss von 2020 um Details zum Umgang mit Keimzellgewebe (u. a. Ovarialgewebe) ergänzen und damit den Gesetzesauftrag vervollständigen.
Überprüfung der Kinder-Richtlinie
In der Richtlinie zur Früherkennung von Krankheiten bei Kindern (Kinder-Richtlinie) sind auch das erweiterte Neugeborenen-Screening auf angeborene Stoffwechseldefekte und endokrine Störungen sowie das Screening auf Mukoviszidose geregelt.
Der G-BA nimmt – anlässlich von Änderungen an der Richtlinie der Gendiagnostik-Kommission für die Anforderungen an die Durchführung genetischer Reihenuntersuchungen – 2021 die Beratungen zur Prüfung der Kinder-Richtlinie auf einen etwaigen Anpassungsbedarf beim erweiterten Neugeborenen-Screening und Mukoviszidose-Screening auf. Hierbei geht es insbesondere um Qualitätssicherungsmaßnahmen, das Nachverfolgen und Abklären von auffälligen Befunden (sog. Tracking) und die Evaluation des Screeningangebots. Die Beratungen werden spätestens im März 2023 abgeschlossen.
Versicherteninformation zur nichtinvasiven Pränataldiagnostik bei Trisomien
Mit dem Beschluss vom Sommer 2019 zum molekular-genetischen Test (nichtinvasiver Pränataltest, NIPT) für die Anwendung in begründeten Einzelfällen konnte das IQWiG die bereits mit Verfahrensbeginn beauftragte Erarbeitung einer Versicherteninformation fortsetzen. Zu dem nunmehr vorliegenden Entwurf soll nach einer Beratung im G‑BA voraussichtlich im April 2021 ein breit angelegtes Stellungnahmeverfahren eingeleitet werden. In der Versicherteninformation sind unter anderem Informationen zur Bedeutung der Trisomien für das Familienleben, zur Durchführung der Untersuchung sowie zur Bedeutung der Ergebnisse der Pränataldiagnostik zur Bestimmung des Risikos von Trisomien dargestellt. Mit der abschließenden Beschlussfassung und Nichtbeanstandung der Versicherteninformation durch das Bundesministerium für Gesundheit kann der NIPT für Trisomien 13, 18, 21 dann in begründeten Einzelfällen angewendet werden.
Psychotherapie
Berufsgruppenübergreifende, koordinierte und strukturierte Versorgung
Der G-BA führt die im vergangenen Jahr begonnenen Beratungen über eine berufsgruppenübergreifende, koordinierte und strukturierte Versorgung, insbesondere für schwer psychisch kranke Versicherte mit einem komplexen psychiatrischen oder psychotherapeutischen Behandlungsbedarf, weiter. Ein Abschluss konnte 2020 aufgrund der sehr komplexen Thematik nicht erreicht werden. Ziel ist es, den Auftrag aus dem Gesetz zur Reform der Psychotherapeutenausbildung nun schnellstmöglich umzusetzen und voraussichtlich im Sommer 2021 eine Richtlinie zu verabschieden. Sie soll z. B. eine bessere Koordination der Versorgung der schwer psychisch kranken Patientinnen und Patienten gewährleisten, den Übergang von der stationären in die ambulante Versorgung und umgekehrt erleichtern sowie durch abgestimmte Prozesse eine höhere Versorgungseffizienz erreichen.
Qualitätssicherung
Mindestmengenregelungen
Der G-BA wird 2021 über folgende Mindestmengen bei stationären planbaren Leistungen möglichst abschließend beraten (chronologische Reihenfolge):
- komplexe Eingriffe am Organsystem Pankreas
- Lungenkarzinom
- Mammakarzinom
- Stammzelltransplantation
- Start der Beratungen zu TAVI (Transkatheter-Aortenklappenimplantation, Herzklappenersatz durch minimalintensives Katheterverfahren)
Bei all diesen planbaren Leistungen hängt die Qualität des Behandlungsergebnisses auch von der Leistungsmenge ab. Darum legt der G-BA die Höhe der jeweiligen jährlichen Mindestmenge je Ärztin und Arzt und/oder Standort eines Krankenhauses anhand wissenschaftlicher Kriterien fest.
Thema: Mindestmengenregelungen
Ärztliche Zweitmeinung
Im laufenden Kalenderjahr will der G-BA die Zweitmeinungs-Richtlinie um einen weiteren Eingriff ergänzen: Einen rechtlichen Anspruch auf eine unabhängige ärztliche zweite Meinung sollen gesetzlich Versicherte künftig auch bei Eingriffen an der Wirbelsäule bekommen. Mit den bereits 2020 begonnenen Beratungen soll es damit am Jahresende für 6 Eingriffe das Recht auf eine ärztliche Zweitmeinung geben.
Veranlasste Leistungen
Ärztliche Fernbehandlung
2021 wird der G-BA beginnen, bei verschiedenen Richtlinien über die Möglichkeit zu beraten, bestimmte Leistungen im Rahmen einer Videosprechstunde zu verordnen. Konkret geht es um die Bereiche häusliche Krankenpflege, Rehabilitation und Heilmittelversorgung. 2020 hat der G-BA die Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie angepasst und eine Krankschreibung auch im Rahmen einer Videosprechstunde ermöglicht.
Außerklinische Intensivpflege
Der G-BA berät zu den Rahmenbedingungen für eine außerklinische Intensivpflege, die in einer neuen Richtlinie (AKI-RL) zu definieren sind. Die Beratungen haben im vergangenen Jahr begonnen. Der Arbeitsauftrag stammt aus dem Intensivpflege- und Rehabilitationsstärkungsgesetz (GKV-IPReG). Die neuen Vorgaben zur ärztlichen Verordnung von außerklinischer Intensivpflege sollen helfen, Fehlanreize in der Versorgung zu beseitigen und die individuelle bedarfsgerechte Versorgung der Betroffenen zu stärken. Die Beschlussfassung wird im Herbst 2021 erwartet.
Corona-Pandemie
Die Corona-Pandemie und ihre Auswirkungen auf die Gesundheitsversorgung werden den G-BA auch in diesem Kalenderjahr beschäftigen. Wie im vergangenen Jahr gilt es, sich zeitnah auf das schwankende Pandemiegeschehen einzustellen und – wenn notwendig – Richtlinien situativ anzupassen. Das dürfte vor allem die Verlängerung der im letzten Jahr gefassten bundesweiten Sonderregelungen (z. B. Videobehandlung für bestimmte Leistungen, Verordnungen oder AU-Feststellung nach telefonischer Anamnese und weitere Erleichterungen bei Verordnungsvorgaben) betreffen.
Rehabilitations-Richtlinie: Umsetzung Aufträge aus dem GKV-IPReG
Die gesetzlichen Änderungen im GKV-IPReG zielen darauf, die geriatrische Rehabilitation zu stärken. Der Zugang für Patientinnen und Patienten zu dieser Leistung soll erleichtert werden. So entfällt die bisher vom Gesetzgeber vorgesehene Überprüfung der medizinischen Erforderlichkeit durch die Krankenkassen, wenn Vertragsärzte eine geriatrische Rehabilitation verordnet und die geriatrische Indikation mit dafür geeigneten sogenannten Abschätzungsinstrumenten überprüft haben. Beim G-BA liegt der Auftrag, bis zum 31. Dezember 2021 über den Einsatz geeigneter Abschätzungsinstrumente für Ärztinnen und Ärzte sowie deren Anwendungsnachweis zu entscheiden. Zudem soll der G-BA festlegen, in welchen Fällen Anschlussrehabilitationen erbracht werden können, ohne dass die Krankenkassen vorher die Verordnung überprüfen.
Heilmittel-Richtlinie: Behandlung von eingewachsenen Fußnägeln
Nach derzeitiger Planung wird der G-BA im Herbst 2021 über eine neue verordnungsfähige podologische Leistung entscheiden: Mit Hilfe einer Nagelkorrekturspange aus Kunststoff oder Metall sollen künftig Fehlstellungen von Fußnägeln korrigiert und ein Einwachsen verhindert werden.
Spezialisierte ambulante Palliativversorgungs-Richtlinie
Die Erkenntnisse aus drei Projekten des Innovationsausschusses werden vom G-BA 2021 hinsichtlich der Frage überprüft, inwieweit sich daraus Änderungsbedarfe an der derzeitigen SAPV-Richtlinie ableiten lassen, um die Palliativversorgung bundesweit zu verbessern.
Projekt APVEL
Mit Fragebögen und Interviews wurde untersucht, wie gut die SAPV in der Region Nordrhein auf Basis der G-BA-Richtlinie funktioniert. Wie wirksam ist die Versorgung? Wie viele Patientinnen und Patienten werden durch SAPV versorgt? Welche Versorgungsleistungen nehmen sie in Anspruch? Gibt es Unterschiede zu schwerstkranken Patienten, die keine SAPV, sondern eine andere Versorgung erhalten? Bestehen Unterschiede zwischen Stadt und Land?
Projekt SAVOIR
Die Studie erforschte die Umsetzung der SAPV-Richtlinie des G-BA unter Einbezug der unterschiedlichen Perspektiven von Patienten, Leistungserbringern, Hausärzten und Kostenträgern. Sie sollte zeigen, ob die SAPV und die SAPV-Richtlinie noch weiter verbessert werden können und wo dazu angesetzt werden muss. Dafür wurden Vertrags-, Versorgungs- und Finanzierungsmodelle der einzelnen Bundesländer mit Blick auf Auswirkungen unterschiedlicher Strukturen und Regelungen auf die konkrete Patientenversorgung verglichen.
Projekt ELSAH
Beispielhaft im Bundesland Hessen wurde die Qualität der SAPV gemessen. Zudem untersuchte das Projekt, inwieweit die Anforderungen und Bedürfnisse von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen in der SAPV berücksichtigt werden.
Themen: Spezialisierte ambulante Palliativversorgung, Innovationsausschuss beim G-BA
Zahnärztliche Behandlungen
Systematische Behandlung von Parodontitis
Auf Grundlage der 2020 neu beschlossenen Richtlinie zur systematischen Diagnose und Therapie von Parodontopathien werden in diesem Jahr Regelungen zur Versorgung von vulnerablen Patientengruppen wie z. B. Pflegebedürftigen in der Behandlungs-Richtlinie ergänzt.
Unterkieferprotrusionsschiene bei leichter und mittelgradiger obstruktiver Schlafapnoe bei Erwachsenen
In diesem Jahr wird der G-BA die Definition des Leistungsanspruchs auf eine Unterkieferprotrusionsschiene bei obstruktiver Schlafapnoe um die Konkretisierung des zahnärztlichen Versorgungsauftrags ergänzen: Denn die Schiene muss zahntechnisch individuell angefertigt werden, zahnmedizinische Kontraindikationen sind auszuschließen. Dieses schrittweise Vorgehen war bereits im Zeitplan vorgesehen – am erwarteten Inkrafttreten zum 1. Juli 2021 ändert sich nichts.
Innovationsfonds
Arbeitsprogramm
Der Innovationsfonds beim Gemeinsamen Bundesausschuss ist bis 2024 mit einem Volumen von 200 Mio. Euro jährlich ausgestattet. 80 Prozent des Fonds sollen in die Förderung der neuen Versorgungsformen (160 Mio. Euro/Jahr) und 20 Prozent in die Versorgungsforschung (40 Mio. Euro/Jahr) fließen. Mindestens 5 Mio. Euro der für die Versorgungsforschung zur Verfügung stehenden Mittel sollen für die Entwicklung oder Weiterentwicklung ausgewählter medizinischer Leitlinien aufgewendet werden.
In diesem Kalenderjahr umfasst das Arbeitsprogramm des Innovationsausschusses insbesondere Folgendes:
- Betreuung und Projektcontrolling von ca. 400 geförderten Projekten aus den Bereichen Versorgungsforschung/neue Versorgungsformen,
- ein weiteres Konsultationsverfahren zum Einreichen von Vorschlägen für Förderthemen und Förderkriterien einzurichten,
- neue Versorgungsformen: erstmals wird die Förderentscheidung im zweistufigen Verfahren getroffen,
- vermutlich werden insgesamt ca. 100 geförderte Projekte aus beiden Bereichen beendet,
- erstmals explizite Förderung bzw. Entscheidung über eine Förderung, um ausgewählte medizinische Leitlinien, für die in der Versorgung besonderer Bedarf besteht, zu entwickeln resp. weiterzuentwickeln und
- wie in den Jahren zuvor soll über eine Vielzahl an neu eingereichten Förderanträgen unter Einbeziehung der Empfehlungen und Bewertungen des Expertenpools beraten und durch den Innovationsausschuss entschieden werden.
Thema: Innovationsausschuss