Verfahren nach § 137h SGB V

Endovaskuläre Implantation eines Stentgrafts mit Klappenelement bei Trikuspidalklappeninsuffizienz

Steckbrief

  • Intervention: Stentgraft mit Klappenelement, endovaskulär implantiert
  • Indikation: Trikuspidalklappeninsuffizienz
  • Vorgangsnummer Bewertung: BVh-20-008
  • Hersteller: New Valve Technology GmbH
  • Produkt: TRICENTO
  • Produktklasse: Klasse III
  • Status: Verfahren Erprobungs-Richtlinie eingestellt

Fristen

  • Beginn des Bewertungsverfahrens: 09.11.2020
  • Beginn Informationsergänzung: 14.12.2020
  • Ende Informationsergänzung: 13.01.2021
  • Ende des Bewertungsverfahrens: 06.05.2021

Bewertungsverfahren

Eingangsbestätigung

Ein Krankenhaus ist gesetzlich verpflichtet, dem G-BA Informationen über den Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse zu einer Methode und zu der Anwendung des Medizinprodukts zu übermitteln, sobald es beim InEK eine erstmalige NUB-Anfrage zu einer neuen Methode, deren technische Anwendung maßgeblich auf dem Einsatz eines Medizinprodukts mit hoher Risikoklasse beruht, stellt.

Der G-BA bestätigt hiermit, dass Informationen für die Bewertung nach § 137h SGB V der o. g. Methode von einem Krankenhaus eingegangen sind.

Dem G-BA wurden mit dem eingereichten Formular folgende Angaben zur Beschreibung der Methode übermittelt:

  • Angefragte Untersuchungs- und Behandlungsmethode (Abschnitt I, Nr. 4.2a):

    Endovaskuläre Implantation eines Stentgrafts mit Klappenelement bei Trikuspidalklappeninsuffizienz

  • Beschreibung des Anwendungsgebiets (Abschnitt II, Nr. 2.3):

    Patientengruppe:

    TRICENTO ist vorgesehen für Patienten mit schwerer Trikuspidalklappeninsuffizienz, (Zweidimensionales Versagen von Koaptation oder "flail", großer Insuffizienzstrahl im ge-färbten Doppler, etc.) bei denen eine entsprechende Symptomatik vorliegt, deren Allge-meinzustand (körperliche Leistungsfähigkeit, Zustand von Dekompensation) sich graduell verschlechtert und für die keine chirurgische Intervention wegen eines hohen Operationsri-sikos möglich ist. Die Patienten befinden sich im fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung (NYHA III-IV).

    Im Allgemeinen werden Patienten mit einer Herzerkrankung nach dem Schweregrad ihrer Erkrankung eingeteilt. Die  sogenannte NYHA-Klassifikation unterteilt die Patienten in vier Klassen.

    NYHA I: Alltägliche körperliche Belastung verursacht keine inadäquate Erschöpfung, Rhythmusstörungen, Luftnot oder Angina pectoris

    NYHA II: Keine Beschwerden in Ruhe. Alltägliche körperliche Belastung verursacht Erschöpfung, Rhythmusstörungen, Luftnot oder Angina pectoris

    NYHA III: Keine Beschwerden in Ruhe. Geringe körperliche Belastung verursacht Erschöpfung, Rhythmusstörungen, Luftnot oder Angina pectoris

    NYHA IV: Herzerkrankung mit Beschwerden bei allen körperlichen Aktivitäten und in     Ruhe. Bettlägrigkeit

    TI betrifft bis zu 5% der Bevölkerung. Eine moderate oder schwere TI, welche nicht behandelt wird, steht in direktem Zusammenhang mit höheren Morbiditäts- und  Mortalitätsraten. Der Krankheitsverlauf erstreckt sich meist über mehrere Jahre, in denen der Grad der TI in den meisten Fällen weiter zunimmt. Durchschnittlich sind die Patienten 72 Jahre alt, wenn sie das Stadium einer moderaten oder schweren TI erreichen. In der Regel sind Frauen häufiger von einem schweren Krankheitsverlauf betroffen als Männer.

    Krankheit und Krankheitsstadien:

    Eine TI kann sowohl durch primäre degenerative Veränderungen an den Segeln der Klappe als auch sekundärer Ausdruck der Folgen anderer Erkrankungen von Herz oder Lunge sein. Eine TI wird durch die Undichtigkeit der Trikuspidalklappe verursacht, der überwiegend verschiedene Grunderkrankungen wie bakterielle oder rheumatische Erkrankungen oder Überlastung als Folge von hohem rechtsventrikulärem Blutdruck zugrunde liegen. Die Pathophysiologie der TI ist hauptsächlich funktional, da sie vorwiegend im Zusammenhang mit linksseitiger Herzkrankheit, pulmonaler Hypertonie und Vorhofflimmern auftritt. Bei der sekundären TI kommt es zu einer Vergrößerung des Herzens und des Klappenrings (Annulus), wodurch die Segelklappen keine Koaptation mehr herstellen können mit der Folge einer Undichtigkeit und Rückfluss des rechtsventrikulären Blutes in den rechten Vorhof und das venöse System. Eine Operation ist derzeit die primäre Behandlungsoption bei Patienten mit symptomatischer funktioneller TI (FTI). Eine isolierte Trikuspidalklappenoperation ist mit einem hohen Risiko operativer Mortalität verbunden. Sowohl die operative als auch die medikamentöse Behandlung einer isolierten TI zeigen schlechte Überlebensraten.

    Indikationsgebiet:

    Aus dem Deutschen Herzbericht von 2018 ergibt sich ein Patientenkollektiv für die isolierte Trikuspidalklappenerkrankung (nichtrheumatisch) von 1.404 Patienten, welche vollstationär behandelt werden mussten. Werden Patienten mit Erkrankung mehrerer Herzklappen hinzugezählt so steigt die Zahl auf ca. 4.200 Patienten, welche sich in stationärer Behandlung befanden.

    Dem gegenüber steht die Zahl der Deutschen Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie, welche von 647 isolierten  Trikuspidalklappenoperationen für das Jahr 2018 berichtet. Sehr viel häufiger wurde die Trikuspidalklappe im Rahmen von kombinierten Klappenoperationen korrigiert (gleichzeitige Operation der Mitral- und/oder Aortenklappe): Dies war 2018 mehr als 2.000 Mal der Fall. Aus den Daten ergibt sich, dass fast jeder zweite Patient, welcher wegen einer Trikuspidalklappenerkrankung bereits in stationärer Behandlung ist, nicht für eine Operation in Betracht gezogen wird. Dies kann auf das hohe Operationsrisiko bei gerade älteren Patienten zurückgeführt werden. Diesen Patienten könnte durch TRICENTO nun geholfen werden.

    Die gemeinsame Leitlinie der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) und Europäische Vereinigung für Herz und Thoraxchirurgie (EACTS) sehen eine chirurgische Revision der TI unter bestimmten Voraussetzungen vor (siehe auch Annex 1) (ESC/EACTS Pocket Guideline, 2017). Da trotz des chirurgischen Eingriffs die Überlebensraten von Patienten mit schwerer isolierter TI sehr niedrig sind, werden neue Methoden benötigt, um diesen Patienten zu helfen. Katheterbasierte Verfahren sind in der Entwicklung, haben aber momentan keine breite Anwendung gefunden. Katheter-Techniken sind: a) „Edge-To-Edge Repair“ (Zusammenhalten der Segel mittels Clip), b) Einsetzen einer Ersatzklappe, c.) Raffung des Rings mittels Band (Cardio-band®) oder Zugmechanismen. Dabei wird versucht, die Trikuspidalklappe selbst zu rekonstruieren.

    Kontraindikation:

    Wesentliche Kontraindikationen für die Methode sind Dimensionen der Anatomie, welche sich außerhalb der angebotenen Spezifikationen befinden, ein Lungenwiderstand >3 WU, ein Druck im rechten Vorhof >25mmHg, ein pulmonalarterieller Blutdruck >50mmHg und Indizien welche auf eine sehr schlechte Pumpleistung des rechten Ventrikels hindeuten. Die Behandlung mit TRICENTO sollte bei dieser Patientengruppe nicht erfolgen.

Bekanntmachung der übermittelten Informationen

Folgende Informationen wurden vom anfragenden Krankenhaus beim G-BA eingereicht:

Verfahren zur Ergänzung von Informationen abgeschlossen

Das Verfahren zur Ergänzung von Informationen endete am 13.01.2021. Es können keine weiteren Informationen eingereicht werden.

Der G-BA trifft unter Berücksichtigung der vom anfragenden Krankenhaus eingereichten und der im Ergänzungsverfahren hinzugefügten Informationen eine Entscheidung, ob die Voraussetzungen für eine Bewertung nach § 137h SGB V vorliegen. Falls die Voraussetzungen erfüllt sind, führt er auf Grundlage der Informationen die Bewertung nach § 137h SGB V durch.

Hinweis

Der G-BA hat bereits im Rahmen einer Beratung gemäß § 137h Abs. 6 SGB V festgestellt, dass die Methode die Voraussetzungen für eine Bewertung nach § 137h SGB V erfüllt. Es müssen daher keine Informationen zur Prüfung dieser Voraussetzungen in der Dokumentenvorlage, insbesondere für die Kriterien „neues theoretisch-wissenschaftliches Konzept“ (vgl. Abschnitt II.4 des Formulars zur Informationsübermittlung) und „Medizinprodukt mit hoher Risikoklasse“ (vgl. Abschnitt II.3 des Formulars zur Informationsübermittlung), ergänzt werden.

Bewertungsvoraussetzungen

Der G-BA hat folgenden Beschluss über die Erfüllung der Voraussetzungen für ein Bewertungsverfahren gemäß § 137h SGB V zu o. g. Methode gefasst:

Durchführung einer Bewertung gemäß § 137h Absatz 1 Satz 4 SGB V: Endovaskuläre Implantation eines Stentgrafts mit Klappenelement bei Trikuspidalklappeninsuffizienz

Beschlussdatum: 04.02.2021
Inkrafttreten: mit Beschlussdatum

Details zu diesem Beschluss

Bewertungsergebnis

Der G-BA ist zu folgendem Bewertungsergebnis gemäß § 137h SGB V für die o. g. Methode gekommen:

Bewertung nach § 137h SGB V: Endovaskuläre Implantation eines Stentgrafts mit Klappenelement bei Trikuspidalklappeninsuffizienz

Beschlussdatum: 06.05.2021
Inkrafttreten: mit Beschlussdatum
Beschluss veröffentlicht: BAnz AT 05.10.2021 B2

Details zu diesem Beschluss

Da die gegenständliche Methode nicht der von § 137h Absatz 4 Satz 10 SGB V vorgegebenen abschließenden Nutzenbewertung zugeführt werden konnte, darf sie bei etwaigen zukünftigen NUB-Anfragen beim InEK nicht als bereits nach § 137h SGB V bewertet angesehen werden. Sie ist dem gesetzlichen Prüfprogramm erneut zuzuführen, wenn ein verkehrsfähiges Medizinprodukt wieder am Markt verfügbar sein sollte und auch die übrigen Voraussetzungen einer Informationsübermittlungspflicht nach § 137h Absatz 1 Satz 1 SGB V erneut vorliegen.