Erster G-BA-Beschluss zur Bewertung des Zusatznutzens eines neuen Arzneimittels: Ticagrelor hat beträchtlichen Zusatznutzen für bestimmte Patientengruppen
Berlin, 15. Dezember 2011 – Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat das erste Verfahren einer frühen Nutzenbewertung für Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen, wie es der Gesetzgeber für nach dem 1. Januar 2011 zugelassene Medikamente vorsieht, heute in Berlin abgeschlossen. Es geht um den Zusatznutzen von Ticagrelor, einem Wirkstoff zur Behandlung bestimmter Herz-Kreislauferkrankungen (akutes Koronarsyndrom).
Der von den Trägern des G-BA und der Patientenvertretung einvernehmlich gefasste Beschluss stellt für Ticagrelor einen beträchtlichen Zusatznutzen für Patientinnen und Patienten mit instabiler Angina pectoris (IA) sowie für Patientinnen und Patienten mit Myokardinfarkt ohne ST-Strecken-Hebung (NSTEMI, ST-Strecke ist ein Kurvenabschnitt des Elektrokardiogramms) fest. Die vom G-BA festgelegte zweckmäßige Vergleichstherapie ist hier Clopidogrel plus ASS.
Für Patientinnen und Patienten mit Myokardinfarkt mit ST-Strecken-Hebung und perkutaner Koronarintervention (herzkathetergestützte Behandlung eingeengter oder verschlossener Herzkranzgefäße) stellt der G-BA im Vergleich zur Therapie mit Prasugrel plus ASS keinen Zusatznutzen fest. Davon ausgenommen sind Patientengruppen, für die der G-BA Anhaltspunkte für einen nicht quantifizierbaren Zusatznutzen sieht. Dies sind Patientinnen und Patienten über 75 Jahre, die nach einer individuellen Nutzen-Risiko-Abwägung nicht für die Behandlung mit Prasugrel plus ASS in Frage kommen, sowie Patientinnen und Patienten, deren Krankheitsgeschichte einen ischämischen Schlaganfall oder eine transitorische ischämische Attacke (Durchblutungsstörung des Gehirns, die neurologische Ausfallserscheinungen hervorruft) aufweist.
Für zwei weitere Patientengruppen, für die Ticagrelor zugelassen ist, hat der G-BA keinen Zusatznutzen dieses Wirkstoffs festgestellt. Es handelt sich um Patientinnen und Patienten mit Myokardinfarkt mit ST-Strecken-Hebung, die mit der Vergleichstherapie Clopidogrel plus ASS behandelt wurden sowie um Patientinnen und Patienten mit Myokardinfarkt mit ST-Strecken-Hebung und aortokoronarer Bypass-Operation, die ausschließlich ASS erhielten.
Der Beschluss wurde auf Basis der Nutzenbewertung des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit (IQWiG) vorbereitet und berücksichtigt die Ergebnisse des schriftlichen und mündlichen Stellungnahmeverfahrens. Das Ausmaß des Zusatznutzens hat der G-BA entsprechend der in der Verfahrensordnung (5. Kapitel, § 5 Abs. 7 VerfO) festgelegten Kriterien bewertet. Der nächste Schritt wird sein, dass der GKV-Spitzenverband auf der Grundlage des G-BA-Beschlusses mit dem pharmazeutischen Unternehmen AstraZeneca die Preisverhandlung führt.
„Der G-BA hat mit Abschluss dieser ersten frühen Nutzenbewertung bewiesen, dass er in der Lage ist, dieses neue komplexe Verfahren sach- und zeitgerecht durchzuführen und dabei auch für dessen durchgängige Transparenz zu sorgen“, sagte Dr. Rainer Hess, unparteiischer Vorsitzender im G-BA und Vorsitzender des Unterausschusses Arzneimittel. „Ich danke allen Beteiligten für ihr Engagement bei der Bewältigung dieser neuen Aufgabe und für die Bereitschaft, die mit dieser ersten Entscheidung einhergehende besonders hohe Arbeitsbelastung zu tragen.“
Derzeit befinden sich rund 20 weitere Wirkstoffe im Verfahren der frühen Nutzenbewertung.
Der Beschluss des G-BA tritt unmittelbar nach der Bekanntmachung im Bundesanzeiger in Kraft. Der Beschlusstext steht ab sofort auf folgender Internetseite zur Verfügung:
http://www.g-ba.de/informationen/beschluesse/zum-aufgabenbereich/54/
Ausführliche grundsätzliche Informationen zum Verfahren der frühen Nutzenbewertung von Arzneimitteln sind auf der Website des G-BA zu finden.