Wundbehandlung mit Vakuumversiegelungstherapie wird auch in der ambulanten Versorgung Kassenleistung
Berlin, 19. Dezember 2019 – Die Vakuumversiegelungstherapie (VVS) kann zukünftig auch in der ambulanten Versorgung für die Behandlung von Wunden eingesetzt werden. Dies beschloss der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) am Donnerstag in Berlin. Grundlage der Beschlüsse war die Bewertung der VVS im Vergleich zu einer Standardwundbehandlung. Im Ergebnis sieht der G-BA den Nutzen und die medizinische Notwendigkeit der VVS als gegeben, wenn unter einer Standardwundbehandlung keine ausreichende Heilung zu erwarten ist.
Vakuumversiegelungstherapie von Wunden
Bei der VVS – auch Unterdruck-Therapie genannt – wird die Wunde luftdicht abgedeckt und über einen dünnen Schlauch mit einer Vakuumpumpe verbunden. Die Wundflüssigkeiten werden über dieses geschlossene System kontinuierlich abgesaugt. Durch den dabei entstehenden Unterdruck verbessert sich zudem die Durchblutung in der Wunde.
Die VVS kann zukünftig ambulant zulasten der gesetzlichen Krankenkassen bei Patientinnen und Patienten erbracht werden, bei denen – aufgrund wund- oder patientenspezifischer Risikofaktoren – unter einer Standardwundbehandlung keine ausreichende Heilung zu erwarten ist. Eine solche Wundheilungsstörung kann beispielsweise nach einer Amputation auftreten. Ziel der VSS ist hier ein sogenannter primärer Wundverschluss, also eine komplikationsfreie Wiederherstellung der Gewebskontinuität, was bei bündigen Wundrändern möglich ist. Bei anderen Wunden, beispielsweise Druckgeschwüren (Dekubiti), zielt der ebenfalls mögliche Einsatz der VSS auf einen sogenannten sekundären Wundverschluss. Hier muss sich zuerst Gewebe neu bilden.
Zur Sicherstellung der Qualität der Leistungserbringung darf die VVS nur von bestimmte Facharztgruppen angewendet werden. Zudem ist die VVS in ein medizinisches Behandlungskonzept einzubetten, welches neben den Verbandswechseln u. a. eine regelmäßige ärztliche Kontrolle der Wundheilung umfasst.
Inkrafttreten der Beschlüsse
Neben dem Leistungseinschluss für die ambulante Versorgung hat der G-BA die Leistungserbringung in der stationären Versorgung bestätigt. Die Beschlüsse werden dem Bundesministerium für Gesundheit zur Prüfung vorgelegt und treten nach Nichtbeanstandung und Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft. Die VVS kann als ambulante Leistung erst dann erbracht werden, wenn der Bewertungsausschuss über die Höhe der Vergütung im Einheitlichen Bewertungsmaßstab entschieden hat.
Hintergrund – Bewertung der Vakuumversiegelungstherapie von Wunden
Der G-BA ist vom Gesetzgeber beauftragt zu entscheiden, welchen Anspruch gesetzlich Krankenversicherte auf medizinische Untersuchungs- und Behandlungsmethoden haben. Im Rahmen eines strukturierten Bewertungsverfahrens überprüft der G-BA, ob Methoden oder Leistungen für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse in der vertragsärztlichen und/oder stationären Versorgung erforderlich sind. Im Ergebnis entscheidet der G-BA darüber, ob und inwieweit – d. h. für welche genaue Indikation und unter welchen qualitätssichernden Anforderungen – eine Behandlungsmethode ambulant und/oder stationär zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) angewendet werden kann.
Der Antrag auf Bewertung der VVS von Wunden in der stationären Versorgung wurde vom AOK-Bundesverband gestellt. Der Antrag auf Methodenbewertung für die vertragsärztliche Versorgung erfolgte durch den Bundesverband der Innungskrankenkassen. Aufgrund einer noch nicht hinreichenden Evidenzlage war das Verfahren in Erwartung neuerer Studienergebnisse zwischenzeitlich ausgesetzt worden. Die Wiederaufnahme der Bewertungsverfahren beschloss der G-BA im März 2017.
Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) legte die Abschlussberichte zur Nutzenbewertung für die „Vakuumversiegelungstherapie von Wunden mit intendierter primärer Wundheilung“ und für die „Vakuumversiegelungstherapie von Wunden mit intendierter sekundärer Wundheilung“ vor. Von einer intendierten primären Wundheilung wird gesprochen, wenn die Wundränder bündig anliegen und zusammengenäht werden können, wie es etwa nach einer Operation der Fall ist. Bei der sekundären Wundheilung muss sich dagegen Gewebe neu bilden, die Wunde sich zusammenziehen oder Haut transplantiert werden.
Neben den Ergebnissen des IQWiG berücksichtigte der G-BA bei seiner Entscheidungsfindung die Auswertung der anlässlich der Veröffentlichung des Beratungsthemas eingegangenen Einschätzungen einschließlich der dort benannten Literatur sowie die Stellungnahmen, die zum Beschlussentwurf eingeholt wurden.