Pressemitteilung | Methodenbewertung

Versicherteninformation zum nichtinvasiven Pränataltest auf Trisomien: G-BA leitet breites Stellungnahmeverfahren ein

Berlin, 15. April 2021 – Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) verständigte sich in seiner heutigen Sitzung darauf, zur geplanten Versicherteninformation zu nichtinvasiven Pränataltests (NIPT) auf Trisomien 13, 18 oder 21 ein breit angelegtes Stellungnahmeverfahren durchzuführen. Den Beschluss, dass ein solcher NIPT Kassenleistung wird, hatte der G-BA bereits im September 2019 getroffen: in begründeten Einzelfällen und nach ärztlicher Beratung, bei der die Versicherteninformation verbindlich eingesetzt werden muss. Die nun vorliegende Entwurfsfassung der Versicherteninformation basiert auf einem Vorschlag des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). Nach Auswertung der Stellungnahmen wird der G-BA voraussichtlich im Juli über die Aufnahme der Versicherteninformation in die Mutterschafts-Richtlinien beschließen.

„Der heutige Beschluss eröffnet einen Austausch zu einer Versicherteninformation. Davon unberührt bleibt der im Herbst 2019 gefasste grundlegende Beschluss, dass ein nichtinvasiver Pränataltest auf Trisomien 13, 18 oder 21 in begründeten Fällen Kassenleistung wird. Bereits damals hatte der G-BA die ausführliche ärztliche Beratung der Schwangeren im Blick. Eine solche Beratung ist laut Gendiagnostikgesetz und Schwangerschaftskonfliktgesetz ohnehin vorgesehen – neu ist aber, dass wir den Frauen nun zusätzlich eine Versicherteninformation zur Verfügung stellen: Sie muss in dem Beratungsgespräch eingesetzt werden, kann aber natürlich auch schon in Vorbereitung darauf verwendet werden. Die Frauen erhalten neutrale und ergebnisoffene Informationen über das Wesen, die Bedeutung und die Tragweite der genetischen Untersuchung und deren mögliche Befunde. Das IQWiG, das im Auftrag des G-BA den Entwurf konzipiert hat, hat mit Hilfe von 1000 Nutzerinnen und Nutzern bereits geprüft, ob die Materialien als verständliche, vertrauenswürdige und ergebnisoffene Information wahrgenommen werden. Das Ergebnis: Die Versicherteninformation zum nichtinvasiven Pränataltest auf Trisomien 13, 18 oder 21 stieß auf sehr hohe Akzeptanz. Nun wird auch der G-BA einem sehr großen Kreis die Möglichkeit geben, Rückmeldungen zur geplanten Information zu geben“, erläuterte Dr. Monika Lelgemann, unparteiisches Mitglied des G-BA und Vorsitzende des Unterausschusses Methodenbewertung.

In welchen Situationen wird der NIPT Kassenleistung?

Entsteht in der ärztlichen Schwangerenbetreuung die Frage, ob bei dem ungeborenen Kind eine Trisomie vorliegen könnte, und stellt diese für die Schwangere eine unzumutbare Belastung dar, kann zukünftig im Einzelfall ein NIPT auf Trisomien 13, 18 oder 21 als GKV-Leistung angewendet werden, genau wie das bei invasiven Eingriffen bisher der Fall war. Ziel ist es, die Schwangere in dieser Situation möglichst nicht dem Risiko einer Fehlgeburt auszusetzen, das mit einer Fruchtwasseruntersuchung oder einer Biopsie der Plazenta einhergehen kann. Ein NIPT beschränkt aufgrund seiner Testgüteeigenschaften invasive Untersuchungen auf die wenigen Situationen, in denen ein auffälliges Testergebnis zur Sicherheit überprüft werden muss. Im Falle eines nicht auffälligen Testergebnisses ist eine weitere invasive Abklärung nicht erforderlich, weil das Ergebnis mit großer Sicherheit korrekt ist.

Was ist Inhalt der geplanten Versicherteninformation?

Die nun ins Stellungnahmeverfahren gehende Fassung der Versicherteninformation basiert auf dem IQWiG-Entwurf. Die Versicherteninformation erklärt, was genau ein NIPT auf Trisomien 13, 18 oder 21 ist, welche Fragen damit beantwortet werden können und welche nicht, wie die Testergebnisse zu interpretieren sind und wie zuverlässig er ist. Ins Stellungnahmeverfahren wird zudem auf Vorschlag der Patientenvertretung eine – ebenfalls vom IQWiG erstellte – Versicherteninformation gegeben, die allgemeine Angaben zu den generell in Deutschland angebotenen Untersuchungen zur Pränataldiagnostik erläutert.

Wie läuft das Stellungnahmeverfahren ab?

Der Beschluss zur Einleitung des Stellungnahmeverfahrens und die Entwürfe zu den Versicherteninformationen werden ab dem 22. April 2021 auf der Website des G-BA unter Beschlüsse Mutterschafts-Richtlinien zu finden sein. Nicht nur die gesetzlich stellungnahmeberechtigten Organisationen wie wissenschaftliche Fachgesellschaften und die Bundesärztekammer haben durch die breite Ausrichtung des Stellungnahmeverfahrens die Möglichkeit, sich zu den Entwürfen zu äußern. Die Ergebnisse des schriftlichen und mündlichen Stellungnahmeverfahrens fließen in die weiteren Beratungen zur Versicherteninformation ein. Dabei prüft der G-BA, inwieweit sich aus dem Stellungnahmeverfahren Änderungen an dem bisherigen Entwurf ergeben.

Wann ist der Beschluss geplant und wie sind die weiteren Schritte?

Nach aktueller Planung beschließt der G-BA voraussichtlich in seiner öffentlichen Sitzung am 15. Juli 2021 über die Versicherteninformation. Der Beschluss wird anschließend vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) als Rechtsaufsicht geprüft. Es hat dafür zwei Monate Zeit.

Beanstandet das BMG den Beschluss zur Versicherteninformation nicht, wird er im Bundesanzeiger veröffentlicht und tritt – gemeinsam mit dem Beschluss zur Anwendung eines nichtinvasiven Tests zur Bestimmung des Risikos autosomaler Trisomien 13, 18 oder 21 – in Kraft. Dieser Beschluss vom 19. September 2019 ist vom BMG bereits positiv geprüft worden. Mit Vorliegen der Abrechnungsziffer für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte kann die neue Leistung für gesetzlich versicherte Frauen erbracht und abgerechnet werden. Für diesen Schritt haben Krankenkassen und Ärzte im Bewertungsausschuss bis zu sechs Monate nach Inkrafttreten der Beschlüsse Zeit.

Hintergrund

In den Richtlinien über die ärztliche Betreuung während der Schwangerschaft und nach der Entbindung (Mutterschafts-Richtlinien) sind Art, Umfang und Voraussetzungen der Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung geregelt.

Soll in einer Schwangerschaft abgeklärt werden, ob das ungeborene Kind eine Trisomie 13, 18 oder 21 hat, stehen für gesetzlich versicherte Frauen bisher nur invasive Verfahren zur Abklärung zur Verfügung. Diese Untersuchungen, die sog. Chorionzottenbiopsie (Biopsie der Plazenta) oder die Amniozentese (Fruchtwasseruntersuchung), sind seit 1975 Kassenleistung. Die invasiven Untersuchungen können als schwerwiegendste Komplikation eine Fehlgeburt zur Folge haben: bei 5 bis 10 von 1000 untersuchten Frauen kann dies der Fall sein.

Da auch die Versicherteninformation Bestandteil der Mutterschafts-Richtlinien werden soll, muss der G-BA für diese Ergänzung ein Stellungnahmeverfahren durchführen. Die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme wird mit der nun vorgesehenen Öffnung des Verfahrens erweitert.


Beschluss zu dieser Pressemitteilung

Einleitung des Stellungnahmeverfahrens: Aufnahme einer Versicherteninformation zur Nicht-invasiven Pränataldiagnostik zur Bestimmung des Risikos autosomaler Trisomien 13, 18 und 21 mittels eines molekular-genetischen Tests (NIPT-Trisomie 13, 18, 21) für die Anwendung bei Schwangerschaften mit besonderen Risiken