Pressemitteilung | Psychotherapie und psychiatrische Versorgung

Neue Regelungen zur Förderung der Gruppentherapie

Berlin, 20. November 2020 – Die psychotherapeutische Behandlung in einer Gruppe ist ein wichtiges Angebot für psychisch kranke Menschen, das zu wenig genutzt wird. Patientinnen und Patienten haben oft Vorbehalte gegen diese Form der Therapie, obwohl eine Gruppenpsychotherapie genauso hilfreich sein kann wie eine Einzeltherapie. Hier will der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) durch ein neues niederschwelliges Behandlungsangebot ansetzen und hat heute die Psychotherapie-Richtlinie dahingehend ergänzt. Weitere Änderungen in der Richtlinie zielen darauf ab, das Angebot von Gruppensitzungen zu erhöhen und das Gutachterverfahren zu vereinfachen.

„Der G-BA setzt mit seinem heutigen Beschluss an verschiedenen Stellen an, um der Gruppentherapie in der psychotherapeutischen Versorgung nochmals einen höheren Stellenwert zu verschaffen. Patientinnen und Patienten können z. B. mit dem neuen Angebot einer Gruppenpsychotherapeutischen Grundversorgung vor der eigentlichen Therapie für sich prüfen, ob eine Gruppentherapie für sie in Frage kommt. Zugleich soll aber auch die Angebotssituation für die Therapeutinnen und Therapeuten erleichtert werden. Inhaltliche wie organisatorische Hürden werden flacher. Einen großen unterstützenden Effekt für die Erkrankten versprechen wir uns davon, dass die Gruppentherapie zukünftig von zwei therapeutischen Fachkräften gemeinsam angeboten werden kann. Sogar eine praxisübergreifende Kooperation ist dann möglich“, erläuterte Dr. Monika Lelgemann, unparteiisches Mitglied des G-BA und Vorsitzende des Unterausschusses Psychotherapie.

Neues psychotherapeutisches Gruppenangebot

Die Inanspruchnahme der neu beschlossenen „Gruppenpsychotherapeutischen Grundversorgung“ wird in der Regel jenen Erkrankten angeboten, die in der psychotherapeutischen Sprechstunde die Empfehlung für eine Therapie in der Gruppe bekommen haben.

Neben der Vermittlung von grundlegenden Inhalten der ambulanten Psychotherapie – beispielsweise über die verschiedenen Behandlungsverfahren der Psychotherapie – geht es bei dem neuen Gruppenangebot auch um eine erste Symptomlinderung. Therapeutinnen oder Therapeuten informieren zudem über Arbeitsweise und Wirkmechanismen, Chancen und Nutzen einer Gruppentherapie.

Die Gruppenpsychotherapeutische Grundversorgung kann bis zu viermal je Krankheitsfall mit jeweils 100 Minuten erbracht beziehungsweise in Anspruch genommen werden. Um den niedrigschwelligen Zugang abzusichern, ist für die Therapeutinnen und Therapeuten kein Anzeige- oder Antragsverfahren gegenüber den Krankenkassen vorgesehen. Die Nutzung und die Auswirkungen der Gruppenpsychotherapeutischen Grundversorgung sollen innerhalb von 5 Jahren nach Inkrafttreten der Regelung evaluiert werden.

Gruppentherapeutische Behandlung durch zwei Therapeutinnen und Therapeuten

Eine Gruppentherapie kann zukünftig auch gemeinsam von zwei Therapeutinnen oder Therapeuten betreut und damit ggf. auch praxisübergreifend organisiert werden. So kann der Therapieprozess besser moderiert und die Interaktion der Gruppenmitglieder gesteuert werden. In kritischen Situationen können sich die zwei Therapeutinnen und Therapeuten gegenseitig unterstützen.

Die neue Regelung soll auch dazu dienen, inhaltliche oder organisatorische Hürden zu überwinden, die das Angebot von Gruppentherapie erschweren. Der intensivierte fachliche Austausch zwischen den Therapeutinnen und Therapeuten kann den Therapieprozess befördern, Gruppentherapien können praxisübergreifend organisiert und so die erforderliche Gruppengröße leichter erreicht werden.

Weitere Regelungen zur Vereinfachung des Gutachterverfahrens

Mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform der Psychotherapeutenausbildung am 23. November 2019 entfiel bereits das Gutachterverfahren für Gruppentherapien. Zukünftig brauchen nun auch Anträge auf eine Langzeittherapie mit einer Kombination aus überwiegend Gruppentherapie mit Einzeltherapie nicht mehr einem Gutachter vorgelegt werden. Hiermit wird nicht nur das Gutachterverfahren verschlankt, sondern zugleich die Gruppentherapie gefördert: Denn viele Therapeutinnen und Therapeuten haben, beispielsweise bei Einrichtung einer neuen Therapiegruppe, die Verpflichtung zur Vorlage von Therapieanträgen für jedes einzelne Gruppenmitglied bei einem Gutachter als zu aufwendig erachtet.

Inkrafttreten

Der Beschluss zur Änderung der Psychotherapie-Richtlinie wird nun dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) zur rechtlichen Prüfung vorgelegt. Er tritt nach Nichtbeanstandung durch das BMG und Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft.

Hintergrund: Anpassung an Gesetzesänderungen

Die Psychotherapie-Richtlinie des G-BA bildet die Grundlage, um psychotherapeutische Leistungen in der ambulanten Versorgung zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung anzubieten. Sie legt z. B. Details zu psychotherapeutischen Verfahren wie Methoden fest, definiert Bedingungen für ihre Anerkennung sowie zum Antrags- und Gutachterverfahren. Auch Art und Umfang der Behandlung gibt die Richtlinie vor.

Mit seinem Änderungsbeschluss setzte der G-BA die Vorgaben aus dem Gesetz zur Reform der Psychotherapeutenausbildung um. Der Gesetzgeber hatte den G-BA beauftragt, bis zum 31. Dezember 2020 Regelungen zur weiteren Förderung der Gruppentherapie und zur weiteren Vereinfachung des Gutachterverfahrens zu beschließen.

Außerdem ist am 19. Dezember 2019 das Digitale-Versorgung-Gesetz (DVG) in Kraft getreten, welches mit seinen Regelungen zu digitalen Gesundheitsanwendungen auch den Bereich der ambulanten Psychotherapie betrifft. Hierzu hat der G-BA eine klarstellende Ergänzung in der Psychotherapie-Richtlinie aufgenommen (§ 1 Absatz 9 PT-RL). Digitale Gesundheitsanwendungen im Sinne des § 33a SGB V können im Rahmen der Durchführung von Leistungen dieser Richtlinie unterstützend zur Anwendung kommen.


Beschluss zu dieser Pressemitteilung

Psychotherapie-Richtlinie: Förderung der Gruppentherapie, Vereinfachungen im Gutachterverfahren und weitere Änderungen