Erprobungsstudie zur transkornealen Elektrostimulation bei Retinopathia Pigmentosa: G-BA beauftragt wissenschaftliche Institution mit Studienbegleitung
Berlin, 16. Juli 2020 – Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) beauftragt das Universitätsklinikum Tübingen nach einem europaweiten Vergabeverfahren, die geplante Erprobungsstudie zur transkornealen Elektrostimulation bei Retinopathia Pigmentosa wissenschaftlich zu begleiten und auszuwerten. Bei der Retinopathia Pigmentosa handelt es sich um eine eher seltene, durch Vererbung oder spontane Mutation entstehende Netzhautdegeneration, bei der die Sehzellen nach und nach absterben. Zu den damit einhergehenden Symptomen zählen Nachtblindheit, schlechte Anpassung der Augen auf sich ändernde Lichtbedingungen, Blendempfindlichkeit, Einschränkung des Gesichtsfeldes, Störung des Kontrastsehens, Störung des Farbsehens sowie Verlust der Sehschärfe. Die Erkrankung führt in den meisten Fällen zur Erblindung der Patientinnen und Patienten.
Die Erprobungsstudie soll den therapeutischen Nutzen der transkornealen Elektrostimulation klären, die das Fortschreiten der Augenerkrankung verlangsamen soll. Bei dieser Methode wird die Netzhaut mit einem schwachen elektrischen Impuls stimuliert. Bislang liegt keine hinreichende Evidenz für eine Entscheidung über den Nutzen der Behandlungsmethode vor.
Im ersten Schritt wird nun das Studienprotokoll erstellt, und es werden die für den Start der Studie notwendigen behördlichen Genehmigungen sowie das Votum der Ethikkommission(en) eingeholt.
In Vorbereitung auf die Studie ist das Universitätsklinikum Tübingen zudem beauftragt, diejenigen Studienzentren auszuwählen, die die vom G-BA in der Erprobungs-Richtlinie festgelegten Anforderungen erfüllen. Dabei muss es sich um nach § 108 SGB V zugelassene Krankenhäuser beziehungsweise um an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Ärztinnen und Ärzte handeln. Die Studienzentren nehmen anschließend geeignete Patientinnen und Patienten in die Studie auf.
Die im Rahmen der Studie erbrachten und verordneten Krankenbehandlungsleistungen werden unmittelbar von den Krankenkassen vergütet. Bei voll- und teilstationären Krankenhausleistungen werden diese durch Entgelte nach § 17b oder § 17d des Krankenhausfinanzierungsgesetzes oder nach der Bundespflegesatzverordnung vergütet. Bei der ambulanten Leistungserbringung wird die Höhe der Vergütung durch den ergänzten Bewertungsausschuss geregelt.
Nach Abschluss der Studie wertet die wissenschaftliche Institution die erhobenen Daten aus und legt dem G-BA einen Abschlussbericht zu den Studienergebnissen vor. Der G-BA prüft im anschließenden Bewertungsverfahren, ob die Studienergebnisse den Nutzen der Behandlungsmethode ausreichend belegen. Über ein schriftliches und mündliches Stellungnahmeverfahren zur vorgesehenen Richtlinienänderung werden weitere wissenschaftliche Erkenntnisse eingeholt.
Hintergrund: Erprobung der Transkornealen Elektrostimulation bei Retinopathia Pigmentosa
Die Erprobung ist von einem Medizinproduktehersteller beantragt worden. Im Juli 2017 beschloss der G-BA, eine Erprobungsstudie zur Verbesserung der Erkenntnislage auf den Weg zu bringen. Die Eckpunkte der Studie legte der G-BA in der entsprechenden Erprobungs-Richtlinie fest. Die Ausschreibung zur Durchführung der Erprobung hatte der G-BA am 19. Januar 2018 und erneut am 18. April 2018 im Amtsblatt der Europäischen Union bekannt gemacht. Mit der Vorlage der neuen CE-Kennzeichnung konnte das Vergabeverfahren nun abgeschlossen werden.
Das Instrument der Erprobung von neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden hat der Gesetzgeber im Jahr 2012 eingeführt. Weisen wissenschaftliche Erkenntnisse darauf hin, dass eine Methode das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative hat, kann der G-BA eine Erprobungsstudie initiieren und sie finanziell fördern. Rechtsgrundlage hierfür ist § 137e SGB V.