G-BA nimmt Beratungen für eine TAVI-Mindestmenge auf
Berlin, 18. Juni 2020 – Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat am Donnerstag in Berlin beschlossen, ein Beratungsverfahren für eine Mindestmenge für kathetergestützte Aortenklappenimplantationen (TAVI) aufzunehmen. Gemäß dem zugrundeliegenden Antrag des unparteiischen Vorsitzenden, Prof. Josef Hecken, gibt es in nationalen und internationalen Studien deutliche Hinweise auf einen positiven Zusammenhang zwischen der Anzahl von durchgeführten TAVI und der Qualität des Ergebnisses. Mit der Festsetzung einer jährlich zu erbringenden Mindestanzahl von Eingriffen je Krankenhausstandort und je Operateur soll sichergestellt werden, dass ein TAVI-Eingriff an eine hinreichende Behandlungsroutine gekoppelt ist.
Bei der TAVI wird zwischen einem transapikalen (über die Herzspitze) und einem endovaskulären (z. B. über ein arterielles Leistengefäß) Zugangsweg unterschieden. Die Eingriffe erfolgen am schlagenden Herzen. Meistens wird die verengte, körpereigene Aortenklappe mit einem Ballon aufgedehnt, eine Gerüstprothese mit integrierter biologischer Herzklappe über einen Katheter eingebracht und auf Höhe der erkrankten Aortenklappe entfaltet.
„Zurzeit werden in 85 Krankenhäusern in Deutschland minimalinvasive Eingriffe an Herzklappen, also auch TAVI, vorgenommen. Hierbei müssen die Einrichtungen seit 2015 ganz bestimmte personelle, technische und organisatorische Anforderungen einhalten, die der G-BA festgelegt hat. Allerdings ist die bei einer TAVI unerlässliche Voraussetzung, dass auch die erforderliche Routine vorliegt, mit diesen Strukturvorgaben nicht abgedeckt. Wir gehen nun in die Beratungen mit der Arbeitshypothese, dass eine Anzahl von 150 TAVI je Standort sowie 65 je TAVI-qualifiziertem Operateur bzw. Operateurin pro Jahr erbracht werden muss, damit dieser komplexe Eingriff auch weiterhin durchgeführt werden kann“, erläuterte Prof. Josef Hecken, unparteiischer Vorsitzender des
G-BA.
Der G-BA hat im Januar 2020 eine Priorisierung der Beratungsverfahren zu Mindestmengen beschlossen. Dabei wurde auch festgelegt, dass bis zum 1. Januar 2021 die Einleitung eines Beratungsverfahrens zur Festlegung einer Mindestmenge für die Durchführung von minimalinvasiven Herzklappeninterventionen erfolgen soll.
Hintergrund: Mindestmengen für planbare stationäre Leistungen
Der G-BA ist gesetzlich beauftragt, planbare stationäre Leistungen zu benennen, bei denen ein Zusammenhang zwischen der Durchführungshäufigkeit und der Behandlungsqualität besteht. Für diese Leistungen legt er auf Basis der verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse Mindestmengen je Ärztin und Arzt und/oder Standort eines Krankenhauses fest.
Zu folgenden Leistungen hat der G-BA bereits Mindestmengen festgelegt:
- Lebertransplantation (inkl. Teilleber-Lebendspende)
- Nierentransplantation (inkl. Lebendspende)
- komplexe Eingriffe am Organsystem Ösophagus (Speiseröhre)
- komplexe Eingriffe am Organsystem Pankreas (Bauchspeicheldrüse)
- Stammzelltransplantation
- Kniegelenk-Totalendoprothesen (Knie-TEP)
- Versorgung von Früh- und Neugeborenen mit einem Geburtsgewicht von unter 1250 Gramm
In den Mindestmengenregelungen ist näher definiert, in welchem Fall ein Krankenhaus die Leistungen, zu denen Mindestmengen festgelegt sind, erbringen darf. Das ist dann der Fall, wenn die Mindestmenge im jeweils nächsten Kalenderjahr aufgrund berechtigter mengenmäßiger Erwartungen voraussichtlich erreicht wird. Der Krankenhausträger hat diese Erwartung als Prognose gegenüber den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen jährlich darzulegen.
Eine ausnahmsweise Leistungserbringung mit entsprechendem Vergütungsanspruch ist nur dann möglich, wenn ein Krankenhaus eine Leistung erstmalig oder erneut erbringen möchte oder wenn der G-BA für die Leistung den Ausnahmetatbestand „Hohe Qualität“ vorgesehen hat. Darüber hinaus können in den Mindestmengenregelungen leistungsspezifische Ausnahmetatbestände festgelegt werden.
Für den Fall, dass für eine Leistung eine Mindestmenge neu festgelegt, erhöht oder ein Arztbezug für die Bemessung eingeführt wird, gilt eine Übergangsfrist von in der Regel zwölf, jedoch maximal 24 Monaten, innerhalb welcher die Mindestmenge nicht in voller Höhe erfüllt werden muss.