Bundessozialgericht bestätigt Kompetenz des G-BA: Arzneimittel-Richtlinie darf auch Therapiehinweise enthalten
Siegburg, 6. Juni 2006 – Die Arzneimittel-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) darf auch künftig Therapiehinweise für die wirtschaftliche Verordnung von Arzneimitteln enthalten. Das hat das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel am 31. Mai 2006 entschieden und damit die Klage eines Pharmaunternehmens gegen die Rechtmäßigkeit eines vom G-BA herausgegebenen Therapiehinweises zurückgewiesen. Gegen die Therapiehinweise des G-BA hatte ein pharmazeutisches Unternehmen geklagt, das Arzneimittel mit dem zur Vorbeugung vor Herzinfarkten und Schlaganfällen eingesetzten Wirkstoff Clopidogrel herstellt.
Der G-BA war bereits vor dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit in der Arzneimittelversorgung (AVWG) berechtigt, Vertragsärzte in Form von Therapiehinweisen über die wirtschaftliche Verordnung von Arzneimitteln zu informieren. Wenn die Hinweise inhaltlich zutreffen, stellen sie keinen Eingriff in die Rechte von Arzneimittel-Herstellern dar, entschied das Gericht.
„Das Urteil stärkt eindeutig die Befugnisse des G-BA, Vertragsärzten transparente Informationen zum Zwecke einer wirtschaftlichen Arzneimittelversorgung verfügbar zu machen. Es stellt zudem klar, dass auch Arzneimittelhersteller vor der Veröffentlichung von inhaltlich zutreffenden Informationen über ihre Produkte nicht geschützt sind“, sagte Dr. Rainer Hess, Vorsitzender des G-BA.
In den Therapiehinweisen zu dem Wirkstoff Clopidogrel war ausgeführt worden, dass für bestimmte Anwendungsbereiche keine therapeutische Überlegenheit des Wirkstoffs im Vergleich zu dem deutlich preiswerteren Wirkstoff Acetylsalicylsäure (ASS) bestehe. Deshalb solle zur Vorbeugung von Herzinfarkten und Schlaganfällen vorrangig ASS verordnet werden und Clopidogrel nur dann zum Einsatz kommen, wenn ASS für den Patienten unverträglich sei.
Der Hersteller hatte seine Klage damit begründet, dass auf Grund dieser Hinweise der Umsatz seines Clopidogrel-Präparats in Deutschland nicht so stark gestiegen sei wie in anderen Ländern. Um eine Schadensersatzforderung vorzubereiten, bestritt das Unternehmen die grundsätzliche Befugnis des G-BA, Therapiehinweise zu veröffentlichen.
Das BSG hat mit seiner Entscheidung vom 31. Mai bestätigt, dass der G-BA zum Erlass von Richtlinien zur wirtschaftlichen Verordnung von Arzneimitteln nach § 92 Abs.1 Satz 1 iVm Satz 2 Nr.6 und Abs.2 Satz 1 SGB V eine hinreichende Rechtsgrundlage hat und auch weiterhin entsprechende Therapiehinweise geben darf. Der Rechtsstreit wurde durch den Spruch an das Landessozialgericht (LSG) zurückverwiesen.
Mit diesem Urteil wurde die Entscheidung des LSG Nordrhein-Westfalen vom 19. Januar 2005 aufgehoben. Das LSG muss auf dieser Grundlage nun prüfen, ob die Therapiehinweise inhaltlich zutreffend sind. Das AVWG stellt die Kompetenz des G-BA zur Erstellung von Therapiehinweisen auch gesetzlich klar.