DMP für Patienten mit Typ-1-Diabetes aktualisiert
Berlin, 16. Januar 2020 – Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat die bundesweit geltenden Anforderungen an Disease-Management-Programme (DMP) für Patientinnen und Patienten mit Diabetes mellitus Typ 1 aktualisiert. Die Anpassung an den Stand des medizinischen Wissens beschloss der G-BA am Donnerstag in Berlin. Die laufenden DMP-Verträge müssen dann innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten des Beschlusses an die neuen Anforderungen angepasst werden. Derzeit sind ca. 225.000 gesetzlich krankenversicherte Patientinnen und Patienten in ein DMP für Typ-1-Diabetes eingeschrieben.
Beim Diabetes mellitus Typ 1 handelt es sich um eine chronische Stoffwechselerkrankung, bei der der Körper kein oder zu wenig Insulin produziert. Die Überzuckerung des Körpers kann – sofern sie nicht oder nicht ausreichend behandelt wird – schwerwiegende kurz- und langfristige gesundheitliche Folgen haben, beispielsweise Erblindung oder Nierenversagen. Der Typ-1- Diabetes beginnt meist in der Kindheit, der Jugend oder im jungen Erwachsenenalter. In Deutschland haben derzeit etwa 300.000 Menschen einen Typ-1-Diabetes, darunter etwa 30.000 Kinder und Jugendliche bis 19 Jahre.
Die vorgenommene Aktualisierung des DMP Diabetes mellitus Typ 1 betrifft beispielsweise die individuelle Therapieplanung, deren Ziel insbesondere die Einstellung auf einen „normnahen“ Glukosewert und die Vermeidung von Unter- und Überzuckerung ist. Bei Erwachsenen mit Diabetes mellitus Typ 1 sollte ein HbA1c-Wert ≤ 7,5 % (≤ 58 mmol/mol) angestrebt werden, solange keine problematischen Unterzuckerungen auftreten. Bei der Insulintherapie wird auf die Empfehlung, vorrangig Human-Insulin (statt Insulin-Analoga) zu verwenden, verzichtet. Neben der intensivierten Insulin-Therapie (ICT) mittels manueller Injektionstherapie (Pentherapie) ist nun auch die kontinuierliche subkutane Insulininfusion (CSII/Pumpentherapie) als Behandlungsstandard definiert. Hinsichtlich der Empfehlungen zum Lebensstil wurden neben Tabakkonsum weitere Risiken (Alkoholkonsum, Unterzuckerung im Alltag) aufgenommen, die von besonderer Bedeutung für die Patientinnen und Patienten mit Diabetes mellitus Typ 1 sind. Zudem wurde ergänzt, dass unter bestimmten Voraussetzungen eine kontinuierliche Glukosemessung mit Hilfe von sogenannten rtCGM-Systemen möglich ist. Angesichts der hohen Wahrscheinlichkeit, dass bei einem Typ-1-Diabetes gleichzeitig eine autoimmune Schilddrüsenerkrankung oder eine Zöliakie (Glutenunverträglichkeit) besteht, wurde das DMP um dahingehende diagnostische Handlungsempfehlungen ergänzt.
Wissenschaftliche Entscheidungsgrundlage des G-BA für die nun vorgenommene Aktualisierung war die Leitlinienrecherche des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). Die Anforderungen an DMP zum Typ-1-Diabetes sind vom G-BA zuletzt im Jahr 2014 umfassend überarbeitet worden.
Der G-BA legt den Beschluss – der auch die Dokumentation für das DMP Diabetes mellitus Typ 2 betrifft – dem Bundesministerium für Gesundheit zur Prüfung vor. Nach Nichtbeanstandung treten die neuen Anforderungen an das DMP Diabetes mellitus Typ 1 am ersten Tag des auf die Veröffentlichung im Bundesanzeiger folgenden Quartals in Kraft.
Hintergrund – Disease-Management-Programme (DMP)
DMP sind strukturierte Behandlungsprogramme. Ziel dieser Programme ist es, den sektorenübergreifenden Behandlungsablauf und die Qualität der medizinischen Versorgung von chronisch kranken Menschen zu verbessern.
Der G-BA hat gemäß § 137f SGB V die Aufgabe, chronische Erkrankungen auszuwählen, die für ein DMP geeignet sind, sowie die Anforderungen an solche Programme festzulegen, regelmäßig zu überprüfen und gegebenenfalls zu aktualisieren. Hierbei geht es insbesondere um die medizinische Behandlung nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft, aber auch um Qualitätssicherungsmaßnahmen, Anforderungen an die Einschreibung der Versicherten in ein Programm, Schulungen der Leistungserbringer und der Versicherten. Zudem sind Vorgaben für die Dokumentation und die Evaluation festzulegen. Die Anforderungen an die DMP und die Dokumentation sind in der DMP-Anforderungen-Richtlinie geregelt.
Die praktische Umsetzung der DMP erfolgt auf der Basis regionaler Verträge zwischen Krankenkassen und Leistungserbringern (Vertragsärztinnen und -ärzten/Krankenhäusern). Vor Vertragsabschluss prüft das Bundesamt für Soziale Sicherung als DMP-Zulassungsstelle, ob die in der Richtlinie des G-BA festgelegten Anforderungen an ein DMP eingehalten werden.
Derzeit gibt es insgesamt ca. 9.200 Programmzulassungen mit über 7 Millionen eingeschriebenen Versicherten. Teilweise nehmen die Versicherten an mehr als einem DMP teil.
Zu folgenden Erkrankungen gibt es bereits vom G-BA festgelegte DMP-Anforderungen – teilweise befinden sie sich jedoch noch in der Umsetzungsphase, so dass den Versicherten hier noch keine oder nur wenige zugelassene Programme zur Verfügung stehen:
- Asthma bronchiale
- Brustkrebs
- Chronische Herzinsuffizienz
- Chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD)
- Chronischer Rückenschmerz
- Depression
- Diabetes mellitus Typ 1
- Diabetes mellitus Typ 2
- Koronare Herzkrankheit (KHK)
- Osteoporose (beschlossen am 16. Januar 2020, noch nicht in Kraft)
DMP-Anforderungen zur rheumatoiden Arthritis werden derzeit im G-BA entwickelt. Der Beschluss ist für 2020 geplant.