Zahlreiche G-BA-Beschlüsse zu neuen Arzneimitteln – fünf Wirkstoffe mit beträchtlichem Zusatznutzen
Berlin, 22. März 2019 – Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat am Freitag in Berlin zahlreiche Beschlüsse zum Ausmaß des Zusatznutzens neuer Arzneimittel bzw. von Arzneimitteln mit neuen Anwendungsgebieten gefasst. Fünf Wirkstoffen konnte die zweithöchste Zusatznutzen-Kategorie „beträchtlich“ bescheinigt werden. Die Bewertungsergebnisse des G-BA bilden nun die Grundlage für die Verhandlungen zwischen dem GKV-Spitzenverband und den pharmazeutischen Unternehmen zum Erstattungsbetrag. Ein fehlender Zusatznutzen bedeutet keinen Verordnungsausschluss. Jedoch ist in diesem Fall die Vereinbarung eines höheren Erstattungsbetrags als für die Vergleichstherapie in der Regel nicht möglich.
„Es gab selten gleichzeitig so viele positive Ergebnisse der Bewertungsverfahren des G-BA zum Zusatznutzen neuer Wirkstoffe. Das sind gute Nachrichten für die Patientinnen und Patienten, die von besseren Therapiealternativen profitieren können“, sagte Prof. Josef Hecken, unparteiischer Vorsitzender des G-BA und Vorsitzender des Unterausschusses Arzneimittel, am Freitag in Berlin. „Darüber hinaus zeigt z. B. das Ergebnis für das Orphan Drug Onpattro® (Patisaran), dass es sehr wohl möglich ist, auch für Arzneimittel zur Behandlung seltener Erkrankungen aussagefähige und verwertbare Studien vorzulegen, einschließlich valider Daten zur Lebensqualität.“
Beschlüsse mit dem Ergebnis „beträchtlicher Zusatznutzen“ gab es für die Wirkstoffe:
- Dabrafenib und Trametinib zur Behandlung des Melanoms (Hautkrebs),
- Patisaran (Orphan Drug) zur Behandlung der hereditären Transthyretin-Amyloidose (seltene Erkrankung, die krankhafte Eiweißablagerungen im Körper hervorruft, die die Funktion bestimmter Nerven beeinträchtigen),
- Daunorubicin/Cytarabin (Orphan Drug) zur Behandlung der akuten myeloischen Leukämie (Blutkrebs),
- Daratumumab zur Behandlung des Multiplen Myeloms (Krebserkrankung des blutbildenden Systems).
Der G-BA fasste insgesamt 19 Beschlüsse zur Änderung seiner Arzneimittel-Richtlinie, davon allein 16 über die Nutzenbewertung von Arzneimitteln (gem. § 35a SGB V). Darunter waren 8 neue Wirkstoffe (darunter 6 Orphan Drugs), 5 Wirkstoffe mit neuen Anwendungsgebieten, sowie 3 erneute Bewertungen von Wirkstoffen nach Befristungen.
Die Beschlüsse treten am Tag ihrer Veröffentlichung auf den Internetseiten des G-BA am 22. März 2019 in Kraft.
Hintergrund – Frühe (Zusatz-)Nutzenbewertung von neuen Arzneimitteln
Apothekenpflichtige verschreibungspflichtige Arzneimittel sind in Deutschland grundsätzlich unmittelbar nach der Zulassung für alle Patientinnen und Patienten in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) verfügbar. Der pharmazeutische Unternehmer kann den Preis für neue patentgeschützte Arzneimittel bei Markteintritt frei bestimmen. In den ersten 12 Monaten beläuft sich die Erstattung auf diesen vom pharmazeutischen Unternehmer festgelegten Betrag.
Aufgabe des G-BA ist es, den Zusatznutzen neu zugelassener Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen oder einem neuen Anwendungsgebiet innerhalb von sechs Monaten gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie zu bewerten. Bei seinen Bewertungen zum Ausmaß des Zusatznutzens von Arzneimitteln unterscheidet der G-BA unter anderem die Kategorien „gering“, „beträchtlich“ und „erheblich“.
Das Bewertungsergebnis des G-BA ist die Grundlage für die anschließende Vereinbarung von Erstattungsbeträgen zwischen dem GKV-Spitzenverband und dem pharmazeutischen Unternehmer. Weist der bewertete Wirkstoff keinen Zusatznutzen im Vergleich zur zweckmäßigen Vergleichstherapie auf, wird es vom G-BA entweder in eine Festbetragsgruppe eingeordnet oder der GKV-Spitzenverband vereinbart einen Erstattungsbetrag, bei dem die Jahrestherapiekosten nicht höher sein sollen als die der zweckmäßigen Vergleichstherapie.
Für Arzneimittel zur Behandlung eines seltenen Leidens (Orphan Drugs) gilt der Zusatznutzen bis zum Erreichen einer Umsatzgrenze von 50 Millionen Euro aufgrund einer gesetzlichen Regelung als belegt. Der G-BA kann lediglich über das Ausmaß entscheiden. Erst wenn der Umsatz des Arzneimittels mit der gesetzlichen Krankenversicherung einen Umsatz von 50 Millionen Euro übersteigen würde, könnte überprüft werden, ob der rechtlich zu unterstellende Zusatznutzen gegenüber der festgelegten zweckmäßigen Vergleichstherapie tatsächlich besteht.
Den Auftrag zur sogenannten frühen Nutzenbewertung erhielt der G-BA über das Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes (AMNOG). Das mit Wirkung zum 1. Januar 2011 in Kraft getretene Gesetz verpflichtet pharmazeutische Unternehmen, bereits zur Markteinführung eines neu zugelassenen Wirkstoffs in Deutschland beziehungsweise bei der Zulassung neuer Anwendungsgebiete ein Dossier zum (Zusatz-)Nutzen des Präparates vorzulegen.