Presse­mit­teilung | Psycho­therapie und psychia­trische Versorgung

Verbesserte Behand­lungs­mög­lich­keiten für Menschen mit einer geistigen Behinderung

Berlin, 18. Oktober 2018 – Der Gemeinsame Bundes­aus­schuss (G-BA) hat seine Richtlinie, die die Durchführung einer Psycho­therapie zulasten der gesetz­lichen Kranken­ver­si­cherung regelt, um zusätzliche Regelungen für Menschen mit einer geistigen Behinderung am Donnerstag in Berlin ergänzt. Menschen mit Intelli­genz­min­de­rungen, die sich in psycho­the­ra­peu­tischer Behandlung befinden, können zukünftig für die Durchführung einer ambulanten Psycho­therapie auch zusätzliche Zeitein­heiten zulasten der Kranken­kassen erhalten. Darüber hinaus sind die Möglich­keiten, Bezugs­personen in die ambulante Psycho­therapie dieser Patien­ten­gruppe einzube­ziehen, erweitert worden.

So können künftig Menschen mit einer geistigen Behinderung bis zu zehn psycho­the­ra­peu­tische Sprechstunden-​Einheiten je Krankheitsfall in Anspruch nehmen. Mit der psycho­the­ra­peu­tischen Sprech­stunde soll den Patienten zeitnah ein niedrig­schwelliger Zugang zur ambulanten psycho­the­ra­peu­tischen Versorgung ermöglicht werden. Sie dient der Abklärung, ob ein Verdacht auf eine krankheits­wertige Störung vorliegt und weitere fachspe­zi­fische Hilfen im System der gesetz­lichen Kranken­ver­si­cherung notwendig sind. Die Sprech­stunde kann bisher als Einzel­be­handlung bei Erwachsenen in Einheiten von mindestens 25 Minuten höchstens sechsmal je Krankheitsfall (insgesamt bis zu 150 Minuten) durchgeführt werden; bei Kindern und Jugend­lichen als Einzel­be­handlung in Einheiten von mindestens 25 Minuten höchstens zehnmal je Krankheitsfall (insgesamt bis zu 250 Minuten).

Bei Menschen mit einer geistigen Behinderung bestehen häufig spezifische Bedingungen bei der Wahrnehmung, der Proble­m­er­kennung, der Problem­lösung und -​umsetzung sowie der Beziehungs­ge­staltung und ggf. notwendigen Unterstützung im Alltag. Insofern kann es bei der psycho­the­ra­peu­tischen Behandlung und Diagnostik dieser Patien­ten­gruppe auch im Erwach­se­nenalter nötig sein, für die Behandlung der Störung relevante Bezugs­personen aus dem sozialen Umfeld einzube­ziehen. Mit der Richtli­ni­en­än­derung wird dies möglich. Für die Einbeziehung dieser Bezugs­personen von erwachsenen Menschen mit einer geistigen Behinderung stehen nun weitere Therapie­ein­heiten im Rahmen der Psycho­the­ra­peu­tischen Sprech­stunde, der Probatorik und der Rezidiv­pro­phylaxe zur Verfügung.

„Der heutige Beschluss berück­sichtigt die besonderen Belange von Menschen mit einer geistigen Behinderung und verbessert ihre psycho­the­ra­peu­tischen Behand­lungs­mög­lich­keiten“, sagte Dr. Monika Lelgemann, unpartei­isches Mitglied im G-BA und Vorsitzende des Unteraus­schusses Psycho­therapie, heute in Berlin. „Wir haben uns im Zuge der Beratungen auch intensiv mit der Begriff­lichkeit ‚geistige Behinderung‘ befasst, was schon allein deshalb notwendig war, weil viele Menschen mit einer sogenannten geistigen Behinderung diese Formulierung als diskri­mi­nierend ablehnen. Es gibt aber derzeit noch keine alternative Begriff­lichkeit, die innerhalb von Wissen­schaft, Gesell­schaft und Politik Konsens findet, in der erforder­lichen Klarheit und Transparenz das Krankheitsbild beschreibt und die etablierte Bezeichnung ersetzen könnte. Sobald dies der Fall ist, prüfen wir die Terminologie erneut“, so Lelgemann weiter.

Klarstellend beinhaltet der Beschluss zunächst die Definition der Patien­ten­gruppe, für die die verbes­serten Behand­lungs­mög­lich­keiten gelten sollen: Menschen, bei denen eine Diagnose entsprechend des Abschnitts „Intelli­genz­störung“ (F70-​F79) nach der Interna­tionalen statis­tischen Klassi­fi­kation der Krankheiten und verwandter Gesund­heits­probleme (ICD-​10) vorliegt. Dies sind insbesondere leichte bis schwerste Intelli­genz­min­de­rungen.


Beschluss zu dieser Presse­mit­teilung

Psychotherapie-​Richtlinie: Zusätzliche Regelungen für Menschen mit einer geistigen Behinderung