Strukturierte Behandlung der Herzinsuffizienz künftig in eigenständigem Disease-Management-Programm
Berlin, 19. April 2018 – Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat am Donnerstag in Berlin die Anforderungen an die strukturierte Behandlung von Patientinnen und Patienten mit Herzinsuffizienz aktualisiert und in einem eigenständigen Behandlungsprogramm (Disease-Management-Programm, DMP) festgelegt.
„Die Behandlung der Herzinsuffizienz war bisher in einem Modul des DMP Koronare Herzkrankheit verankert. Damit konnten wir nur diejenigen Patientinnen und Patienten erreichen, die in ein DMP zu koronarer Herzkrankheit eingeschrieben waren. Die Diagnose einer chronischen Herzinsuffizienz wird demografiebedingt jedoch immer häufiger. Die Patientinnen und Patienten mit Herzinsuffizienz sind überwiegend älter und in hohem Maße mehrfacherkrankt. Diesem Versorgungsbedarf wollen wir nun mit einem eigenständigen DMP Herzinsuffizienz gerecht werden“, sagte Dr. Regina Klakow-Franck, unparteiisches Mitglied und Vorsitzende des Unterausschusses DMP, am Donnerstag in Berlin. „Das neue DMP Herzinsuffizienz geht insbesondere auf die besonderen Aspekte bei Komorbidität ein. Die Patientinnen und Patienten sollen außerdem dabei unterstützt werden, Warnsignale des eigenen Körpers, zum Beispiel eine rasche Gewichtszunahme durch Wasseransammlungen im Gewebe, frühzeitiger zu erkennen, um Dekompensationen der Erkrankung und stationäre Aufenthalte zu vermeiden. Patientinnen und Patienten mit fortgeschrittener Herzinsuffizienz sollen darüber hinaus die Möglichkeit erhalten, sich durch ein individuelles, ärztlich angeleitetes Case Management unterstützen zu lassen.“
Als chronische Herzinsuffizienz wird die Unfähigkeit des Herzens bezeichnet, den Organismus mit ausreichend Blut und damit mit genügend Sauerstoff zu versorgen, um den Stoffwechsel unter Ruhe- wie unter Belastungsbedingungen zu gewährleisten. Charakteristisch sind die Dysfunktion der Herz- und Skelettmuskulatur sowie der Nieren. Typische Symptome sind Müdigkeit, Leistungsminderung, und/oder Flüssigkeitsansammlungen im Gewebe.
Das auf Grundlage evidenzbasierter Leitlinien erstellte Behandlungsprogramm nennt beispielsweise folgende Therapieziele, die gemeinsam mit der Patientin bzw. dem Patienten besprochen und individuell festgelegt werden sollen:
- Steigerung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität, insbesondere durch Steigerung/Erhaltung der Belastungsfähigkeit mit dem Ziel einer selbstbestimmten Lebensführung,
- Reduktion der kardiovaskulären Morbidität, insbesondere Vermeidung/Verlangsamung einer Progression der bestehenden kardialen Funktionsstörung,
- Vermeidung von Hospitalisationen und
- adäquate Behandlung der Komorbiditäten
Die allgemeinen therapeutischen Maßnahmen richten den Fokus darauf, regelmäßige tägliche körperliche Bewegung dauerhaft in den Alltag zu integrieren. Weiterhin geht es um eine angemessene tägliche Flüssigkeitsmenge und die Reduktion bzw. Abstinenz von Alkohol und Nikotin. Das DMP Herzinsuffizienz enthält zudem allgemeine und spezifische Empfehlungen zur medikamentösen Therapie und zur Berücksichtigung bestimmter Begleiterkrankungen wie beispielsweise Depression und Niereninsuffizienz. Als spezielle interventionelle Maßnahmen können für bestimmte Patientengruppen der Einsatz von Herzschrittmachern oder implantierbare Defibrillatoren in Frage kommen. Im Rahmen eines in dem DMP vorgesehenen Monitorings wird der klinische Status der Patientinnen und Patienten regelmäßig überprüft. Dabei sollen vor allem Hinweise zur Belastbarkeit in Alltagssituationen und zum Volumenstatus erhoben werden.
Das DMP Herzinsuffizienz wird als weitere Anlage in die DMP-Anforderungen-Richtlinie aufgenommen. Die Anforderungen an das DMP Herzinsuffizienz und die entsprechende Dokumentation treten nach der Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft.
Hintergrund: Entwicklung und Umsetzung von Disease-Management-Programmen
Disease-Management-Programme (DMP) sind strukturierte Behandlungsprogramme. Ziel dieser Programme ist es, den sektorenübergreifenden Behandlungsablauf und die Qualität der medizinischen Versorgung von chronisch kranken Menschen zu verbessern.
Der G-BA hat gemäß § 137f SGB V die Aufgabe, chronische Erkrankungen auszuwählen, die für ein DMP geeignet sind, sowie die Anforderungen an solche Programme festzulegen und regelmäßig zu überprüfen und gegebenenfalls zu aktualisieren. Hierbei geht es insbesondere um die medizinische Behandlung nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft, aber auch um Qualitätssicherungsmaßnahmen, Anforderungen an die Einschreibung der Versicherten in ein Programm, Schulungen der Leistungserbringer und der Versicherten. Zudem sind Vorgaben für die Dokumentation und die Evaluation festzulegen.
Die praktische Umsetzung der DMP erfolgt auf der Basis regionaler Verträge zwischen Krankenkassen und Leistungserbringern (Vertragsärztinnen und -ärzten/Krankenhäusern), die vom Bundesversicherungsamt im Hinblick auf die Erfüllung der Anforderungen geprüft und zugelassen werden müssen.
Im Jahr 2017 waren 6,8 Millionen Versicherte in einem oder mehreren DMP eingeschrieben und 9.173 Programme vom Bundesversicherungsamt zugelassen.
Derzeit werden zu folgenden chronischen Erkrankungen DMP angeboten:
- Asthma bronchiale
- Brustkrebs
- COPD
- Diabetes mellitus Typ 1
- Diabetes mellitus Typ 2
- Koronare Herzkrankheit
Für folgende chronische Erkrankungen ist die Entwicklung von DMP vorgesehen:
- Depressionen
- Osteoporose
- Rheumatoide Arthritis
- Rückenschmerz