Erprobung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in Studien: G-BA zieht erste Bilanz
Berlin, 26. Oktober 2017– Anlässlich des jüngst gefassten Beschlusses einer vierten Richtlinie zur Erprobung einer neuen Untersuchungs- oder Behandlungsmethode erklärte Dr. Harald Deisler, unparteiisches Mitglied und Vorsitzender des Unterausschusses Methodenbewertung, heute in Berlin:
„Bei der gesetzlichen Einführung der Erprobungsregelung konnte niemand voraussagen, wie intensiv dieses neue Instrument von den Antragstellern genutzt werden wird und wie viele Erprobungen sich aus laufenden Bewertungsverfahren ergeben. Absehbar war bei Start der Erprobungsregelung auch nicht, an welchen Stellen des Verfahrens es haken wird, und wo gegebenenfalls nachgebessert werden muss. Nach einer Anlaufphase mit Lernprozessen auf allen Seiten hat sich inzwischen ein routiniertes und in einzelnen Schritten auch beschleunigtes Verfahren etabliert, das die Akzeptanz der Erprobungsregelung positiv beeinflussen wird. Bis zum Start der ersten Studie werden allerdings noch einige Monate vergehen, da die wissenschaftliche Institution, die die Studie begleiten soll, in einem europaweiten Vergabeverfahren ermittelt und beauftragt werden muss.“
Das Instrument der Erprobung ermöglicht dem G-BA, Evidenz für Methoden zu generieren, deren Nutzen noch nicht belegt ist, die aber Potenzial haben. Seit Einführung der Erprobungsregelung hat der G-BA – zumeist nach Anträgen von Medizinprodukte-Herstellern – das Potenzial von 33 Untersuchungs- bzw. Behandlungsmethoden bewertet. In etwas über der Hälfte der Fälle hatten die Antragsteller Unterlagen vorgelegt, die nach Auffassung des G-BA geeignet waren, das Potenzial der jeweiligen Methoden zu bestätigen. Dass bislang nur zu 12 Methoden die Beratungen über zu erprobende Methoden aufgenommen werden konnten, hat folgende Gründe. In einigen Fällen war die von den Antragstellern übermittelte Evidenz so gut, dass der G‑BA ohne Erprobung in die Nutzenbewertung einsteigen konnte. Weitere Antragsgegenstände wurden erst nach der diesjährigen Auswahlentscheidung im August 2017 positiv beschieden und können erst nächstes Jahr bei der dann folgenden Auswahl berücksichtigt werden.
„Wichtig ist mir die Feststellung, dass der G-BA bislang bei keiner Methode, bei der er nach Bewertung der Antragsunterlagen das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative festgestellt hatte, aus haushalterischen Gründen die Aufnahme von Beratungen zu entsprechenden Erprobungs-Richtlinien abgelehnt hat“, so Dr. Deisler weiter. „Die ersten vier Erprobungs-Richtlinien sind beschlossen, weitere werden derzeit vorbereitet.
Rückblickend können wir feststellen, dass Antragsteller das Beratungsangebot des G-BA zu benötigten Unterlagen und Verfahrensschritten stärker wahrgenommen haben, hierdurch hat sich die Qualität der Anträge verbessert. Vor allem bei der Qualität der Antragsbegründungen ist ein deutlicher Aufwärtstrend zu verzeichnen.
Zudem hat der G-BA seine Strukturen, Prozesse und Informationsangebote immer wieder angepasst und ergänzt. So wurde im April dieses Jahres die Verfahrensordnung geändert, um das sehr langwierige Procedere zur angemessenen Kostentragung zu beschleunigen und für die Medizinproduktehersteller auch besser planbar zu machen.
Dass es lange gedauert hat, bis der G-BA die ersten Erprobungs-Richtlinien auf den Weg gebracht hat, hängt im besonderen Maße mit der gesetzlichen Vorgabe zur Kostentragung zusammen. Bei Methoden, die maßgeblich auf einem Medizinprodukt beruhen, darf der G-BA die Erprobungsrichtlinien nämlich nur dann beschließen, wenn die Medizinproduktehersteller oder Anbieter mit einem wirtschaftlichen Interesse an der Erbringung der Methode sich zur Übernahme der Studienkosten in angemessenem Umfang bereiterklären. Die Erfahrung hat gezeigt: Je früher sich die Unternehmen mit den Regelungen des G-BA und den zu erwartenden Kosten auseinandersetzen, umso reibungsloser laufen die Verfahrensschritte zur Sicherung der Kostenübernahme ab. Hierbei ist sicherlich auch das Beratungsangebot hilfreich, in dem der G-BA die Unternehmen über seine Anforderungen mit Blick auf eine konkrete Methode zu einem frühen Zeitpunkt informieren kann.“
Hintergrund – Erprobung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden nach § 137e Abs. 7 SGB V
Das Instrument der Erprobung von neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden hat der Gesetzgeber im Jahr 2012 eingeführt. Weisen wissenschaftliche Erkenntnisse darauf hin, dass eine Methode das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative hat, kann der G-BA eine Erprobungsstudie initiieren und sie finanziell fördern. Rechtsgrundlage hierfür ist § 137e SGB V.
Hersteller von Medizinprodukten, auf deren Einsatz die technische Anwendung einer neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethode beruht sowie Unternehmen, die Anbieter einer solchen Methode sind, können beim G-BA eine Erprobung beantragen.
In einer Erprobungs-Richtlinie werden Eckpunkte für eine Studie festgelegt, die eine Bewertung des Nutzens auf einem ausreichend sicheren Erkenntnisniveau ermöglichen sollen. Die Eckpunkte umfassen insbesondere Konkretisierungen zu den entsprechenden Indikationen, Vergleichsinterventionen, patientenrelevanten Endpunkten, dem jeweils benötigten Studientyp sowie zu den sächlichen, personellen und sonstigen Anforderungen an die Qualität der Leistungserbringung. Die von den Antragstellern zu tragenden Kosten der Studiendurchführung und -auswertung sowie des Studienprotokolls werden auf Grundlage dieser Eckpunkte geschätzt.
Durchführung und Auswertung der Studie werden von einer unabhängigen wissenschaftlichen Institution übernommen, die im Rahmen einer öffentlichen Ausschreibung ermittelt wird. Bei dieser Auswahlentscheidung und auch bei der späteren Begleitung der Studie wird der G-BA vom Projektträger Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. unterstützt, der nach einem europaweiten Ausschreibungsverfahren vom G-BA entsprechend beauftragt wurde.
Folgende Richtlinien zur Erprobung hat der G-BA bisher beschlossen:
- Messung und Monitoring des pulmonalarteriellen Drucks mittels implantierten Sensors zur Therapieoptimierung bei Herzinsuffizienz im Stadium NYHA III
- Magnetresonanztomographie-gesteuerte hochfokussierte Ultraschalltherapie bei Patientinnen mit symptomatischen und nicht ausreichend therapierbaren Uterusmyomen
- Transkornealen Elektrostimulation bei Retinopathia Pigmentosa
- Stammzelltransplantation bei Multiplem Myelom
Weitere Informationen zum Verfahren werden auf der Website des G-BA zur Verfügung gestellt.