Neue Methoden mit Medizinprodukten hoher Risikoklasse: Erste Bewertungsverfahren nach § 137h SGB V abgeschlossen
Berlin, 17. März 2017– Nachdem in 2016 das Bewertungsverfahren für neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden mit Medizinprodukten hoher Risikoklasse gestartet wurde, hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) am Donnerstag in Berlin die ersten acht Bewertungen abgeschlossen. In diesem speziellen Verfahren haben Krankenhäuser die Pflicht, zu Methoden, bei denen Medizinprodukte mit besonders invasivem Charakter zum Einsatz kommen, dem G-BA Informationen zur Bewertung des Nutzens und des Potenzials der Methode vorzulegen. Der Gesetzgeber strebt hiermit die Gewährleistung der Versorgungssicherheit an.
Nach Auswertung der von Krankenhäusern übermittelten Informationen konnte der G-BA bei zwei der acht Methoden das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative feststellen. Bei den anderen sechs Methoden hat der G-BA weder Hinweise für einen Nutzen noch für ein Potenzial gefunden. Mit dem Abschluss der § 137h-Bewertung ist aber noch nicht über den Verbleib oder den Ausschluss der Methoden aus dem Leistungskatalog entschieden. Für die Methoden mit Potenzial wird nun über Erprobungsstudien beraten, die dann die finale Nutzenbewertung ermöglichen sollen. Für die Methoden ohne Potenzial muss der G-BA unverzüglich Beratungen über den Ausschluss aus dem Leitungskatalog aufnehmen.
„Erstmals wurden vom G-BA nun alle Schritte des neuen Prüf- und Bewertungsverfahrens nach § 137h SGB V unter Einhaltung des engen gesetzlichen Zeitplans durchlaufen. Eng sind auch die Zeitvorgaben für die entsprechenden Folgeentscheidungen, die den G-BA nochmals vor große Herausforderungen stellen werden. Aus den bisherigen Erfahrungen lässt sich noch nicht ableiten, ob das Ziel des Gesetzgebers, bei risikogeneigten neuen Methoden den Patientenschutz zu verbessern, erreicht werden kann oder ob wir es – wie bei der frühen Nutzenbewertung von Arzneimitteln – mit einem lernenden System zu tun haben, bei dem an der einen oder anderen Stelle noch nachjustiert werden müsste“, sagte Dr. Harald Deisler, unparteiisches Mitglied des G-BA und Vorsitzender des Unterausschusses Methodenbewertung.
Bei folgenden Behandlungsmethoden konnte der G-BA das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative feststellen:
- Ultraschallgesteuerter hoch-intensiver fokussierter Ultraschall bei Patientinnen mit Leiomyomen des Uterus
- Ultraschallgesteuerter hoch-intensiver fokussierter Ultraschall bei Patientinnen und Patienten mit nicht chirurgisch behandelbaren Leberzellkarzinomen
Bei folgenden Behandlungsmethoden hat der G-BA weder Hinweise für einen Nutzen noch für ein Potenzial gefunden:
- Ultraschallgesteuerter hoch-intensiver fokussierter Ultraschall zur Behandlung der Endometriose des Uterus
- Ultraschallgesteuerter hoch-intensiver fokussierter Ultraschall zur Behandlung von nicht chirurgisch behandelbaren bösartigen Neubildungen des Pankreas
- Ultraschallgesteuerter hoch-intensiver fokussierter Ultraschall zur Behandlung von nicht chirurgisch behandelbaren primären bösartigen Neubildungen des Knochens und des Gelenkknorpels
- Ultraschallgesteuerter hoch-intensiver fokussierter Ultraschall zur Behandlung von nicht chirurgisch behandelbaren sekundären bösartigen Neubildungen des Knochens und des Knochenmarks
- Ultraschallgesteuerter hoch-intensiver fokussierter Ultraschall zur Behandlung von nicht chirurgisch behandelbaren sekundären bösartigen Neubildungen der Leber und der intrahepatischen Gallengänge
- Gezielte Lungendenervierung durch Katheterablation bei chronisch obstruktiver Lungenerkrankung
Die Beschlüsse werden auf den Internetseiten des G-BA und im Bundesanzeiger veröffentlicht. Sie treten mit Beschlussdatum in Kraft.
Hintergrund – Bewertungsverfahren nach § 137h SGB V
Der G-BA hat nach § 137h SGB V die Aufgabe, stationär erbringbare Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zu bewerten,
- für die von einem Krankenhaus erstmalig eine Anfrage auf zusätzliches Entgelt für die Vergütung, eine sogenannte NUB-Anfrage, an das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) gestellt wird,
- deren technische Anwendung maßgeblich auf dem Einsatz von Medizinprodukten hoher Risikoklasse beruht und
- die ein neues theoretisch-wissenschaftliches Konzept aufweisen.
Die vom Krankenhaus übermittelten Informationen veröffentlicht der G-BA auf seinen Internetseiten. Betroffene Krankenhäuser und Medizinproduktehersteller erhalten mit dieser Bekanntmachung die Möglichkeit, in der Regel innerhalb eines Monats ergänzende Informationen einzureichen. Nach Auswertung aller vorgelegten Informationen entscheidet der G-BA, ob eine Nutzenbewertung der Methode durchzuführen ist. Ist dies der Fall, hat er spätestens nach drei Monaten darüber zu beschließen, ob
- der Nutzen der Methode unter Anwendung des Medizinprodukts als hinreichend belegt anzusehen ist,
- der Nutzen zwar als noch nicht hinreichend belegt anzusehen ist, aber die Methode unter Anwendung des Medizinprodukts das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet, oder
- die Methode unter Anwendung des Medizinprodukts kein Potenzial für eine erforderliche Behandlungsalternative bietet, insbesondere weil sie als schädlich oder unwirksam anzusehen ist.
Je nach Bewertungsergebnis trifft der G-BA eine der nachstehend aufgeführten Folgeentscheidungen: Für eine Methode,
- deren Nutzen als hinreichend belegt anzusehen ist, wird er prüfen, ob Anforderungen an die Qualität der Leistungserbringung in einer Richtlinie nach § 137 SGB V zu regeln sind,
- deren Nutzen zwar noch nicht als hinreichend belegt anzusehen ist, die aber das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet, nimmt er Beratungen über eine Richtlinie zur Erprobung nach § 137e SGB V auf,
- die kein Potenzial für eine erforderliche Behandlungsalternative bietet, leitet er Beratungen über eine Änderung der Richtlinie Methoden Krankenhausbehandlung nach § 137c SGB V ein.
Weitere Informationen zum Ablauf von Bewertungsverfahren nach § 137h SGB V sowie eine Übersicht über laufende und abgeschlossene Verfahren stellt der G-BA auf seinen Internetseiten bereit. Krankenhäuser und Medizinproduktehersteller können sich beim G-BA zum Verfahren und seinen Anforderungen beraten lassen.
Die gesetzliche Grundlage der obligatorischen und fristgebundenen Nutzenbewertung, § 137h SGB V, wurde mit dem im Juli 2015 in Kraft getretenen GKV-Versorgungsstärkungsgesetz (GKV-VSG) geschaffen. Nähere Details hat das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) in der Medizinproduktemethodenbewertungsverordnung (MeMBV) geregelt. Der G-BA hat entsprechende Regelungen zum Verfahren nach § 137h SGB V in seine Verfahrensordnung (8. Abschnitt des 2. Kapitels der VerfO) aufgenommen.