Eckpunkte für zukünftiges Screening auf Gebärmutterhalskrebs geändert
Berlin, 16. September 2016 – Der Gemeinsame Bundesausschuss
(G-BA) hat am gestrigen Donnerstag in Berlin seine Eckpunkte für das zukünftige Screening auf Gebärmutterhalskrebs (Zervixkarzinom-Screening) geändert. Frauen ab dem Alter von 35 Jahren soll statt der derzeitigen jährlichen zytologischen Untersuchung alle drei Jahre eine Kombinationsuntersuchung – bestehend aus einem Test auf genitale Infektionen mit humanen Papillomaviren (HPV) und einer zytologischen Untersuchung – angeboten werden. Frauen im Alter zwischen 20 und 35 Jahren haben weiterhin Anspruch auf eine jährliche zytologische Untersuchung. Vorgesehen ist weiterhin, dass die Screening-Strategien inklusive Intervallen und Altersgrenzen nach einer mindestens sechsjährigen sogenannten Übergangsphase auf Änderungsbedarfe überprüft werden.
In den ursprünglichen Eckpunkten war ein Optionsmodell für das Screening von Frauen ab dem Alter von 30 Jahren festgelegt, wonach für einen Übergangszeitraum eine Wahlmöglichkeit zwischen jährlicher zytologischer Untersuchung und primärem HPV-Screening (mit Zytologie-Triage bei positivem HPV-Test) in einem 5-Jahres-Intervall vorsah. Eine Kombination beider Screening-Strategien oder ein Wechsel vor Ablauf des Screeningintervalls war dabei nicht vorgesehen.
Die Änderung der Eckpunkte ist vom G-BA als Ergebnis des Stellungnahmeverfahrens zu Beschlussentwürfen des zukünftigen Zervixkarzinom-Screenings als notwendig erachtet worden. Die Einwände von wissenschaftlichen Fachgesellschaften, Medizinprodukteherstellern und der Bundesärztekammer hatten sich im Wesentlichen auf die Zuverlässigkeit der Testmethoden, die Auswirkungen des geplanten Optionsmodells auf die Teilnahmeraten, das Screeningintervall und die Abgrenzung zur Kuration bezogen. Problematisiert wurde von den Stellungnehmenden zudem die valide Evaluation der beiden optional angebotenen Screeningstrategien.
Resultierend aus den Änderungen der Eckpunkte hat der G-BA den Auftrag an das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) zur Erstellung von Einladungsschreiben und Versicherteninformationen angepasst. Der Abschlussbericht des IQWiG wird im II. Quartal 2017 erwartet. Die Beauftragung des IQWiG zur Bewertung der Dünnschichtzytologie als Triage-Test im Zervixkarzinom-Screening wurde zurückgezogen.
Angesichts der Komplexität der inhaltlichen und organisatorischen Ausgestaltung des Zervixkarzinom-Screenings in der Krebsfrüherkennungs-Richtlinie des G-BA (KFE-RL) wird der G-BA thematische Teilbeschlüsse fassen, die dann jedoch gemeinsam in Kraft treten. Das oben aufgeführte Stellungnahmeverfahren wurde zum Teilthema „Programmablauf“ durchgeführt. Aktuell berät der G-BA die Regelungen, die für die Bewertung der Programmqualität erforderlich sind. Die Beratungen zu allen Teilbeschlüssen sollen bis zum Jahresende 2017 abgeschlossen sein.
Hintergrund – Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs
Seit 1971 haben gesetzlich krankenversicherte Frauen ab einem Alter von 20 Jahren die Möglichkeit, jährlich eine Früherkennungsuntersuchung auf Gebärmutterhalskrebs wahrzunehmen. Die Untersuchung wird mittels Pap-Test (Papanicolaou-Abstrich, Zellabstrich vom Gebärmuttermund) durchgeführt. Das Zervixkarzinom-Screening hat der G-BA in den Richtlinien über die Früherkennung von Krebserkrankungen (Krebsfrüherkennungs-Richtlinien [KFE-RL]) geregelt.
Mit dem Krebsfrüherkennungs- und Registergesetz von 2013 hat der Gesetzgeber den G-BA damit beauftragt, das bislang opportunistische Zervixkarzinom-Screening in ein organisiertes Screening zu überführen. Dies beinhaltet die Einführung eines Einladungswesens, die Bereitstellung verbesserter Informationen für die anspruchsberechtigten Versicherten, den Ausbau der Qualitätssicherung sowie eine Erfolgskontrolle und einen Abgleich der Daten von Krebsregistern mit Daten nach § 299 SGB V.
Im Jahr 2013 beauftragte der G-BA das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) zu prüfen, ob in Studien neue Erkenntnisse darüber vorliegen, wann eine Testung auf genitale Infektionen mit humanen Papillomaviren (HPV-Test) sinnvoll ist. Weil der Nachweis der humanen Papillomaviren, die Gebärmutterhalskrebs auslösen können, nicht automatisch das Vorhandensein von Krebs oder einer Krebsvorstufe bedeutet, wird der HPV-Test derzeit nur durchgeführt, wenn zum Beispiel ein auffälliger Pap-Befund vorliegt.
Unter Zugrundelegung einer Nutzenbewertung des IQWiG und Europäischer Leitlinienempfehlungen hatte der G-BA am 19. März 2015 Eckpunkte für die Neugestaltung der Zervixkarzinom-Früherkennung nach § 25a SGB V beschlossen, die unter anderem eine Integration des HPV-Tests zur Früherkennung des Zervixkarzinoms für Frauen ab dem Alter von 30 Jahren vorsehen. Da auf der Grundlage der Studien zur Nutzenbewertung jedoch keine Empfehlung für eine bestimmte Screeningstrategie ausgesprochen werden konnte und in diesen Studien unterschiedliche Strategien verwendet wurden, hatte der G-BA in seinen – mit dem aktuellen Beschluss geänderten − Eckpunkten ein Optionsmodell für das Screening von Frauen ab dem Alter von 30 Jahren festgelegt, das für einen Übergangszeitraum eine Wahlmöglichkeit zwischen jährlicher zytologischer Untersuchung und primärem HPV-Screening (mit Zytologie Triage bei positivem HPV-Test) in einem 5-Jahres-Intervall vorsah. Eine Kombination beider Screening-Strategien oder ein Wechsel vor Ablauf des Screeningintervalls war dabei nicht vorgesehen. In einer Übergangszeit von mindestens 6 Jahren sollten die beiden Screeningoptionen vergleichend evaluiert werden.