Enterale Ernährung: Skandalmeldungen entbehren jeder Grundlage
Siegburg, 25. April 2005 - Der G-BA verwahrt sich entschieden gegen erneute gezielte Falschmeldungen in der gestrigen „Bild am Sonntag“ zu den von ihm beschlossenen Richtlinien zur Enteralen Ernährung als Leistung der Gesetzlichen Krankenversicherung.
Das vor einer Woche auf der Titelseite dargestellte „tragische Schicksal“ eines jungen Mädchens mit zerebraler Behinderung und massiver Schluckbeeinträchtigung entpuppte sich als eindeutige Falschmeldung, da in einem solchen Fall die Leistungspflicht der Krankenkassen ohne jeden Zweifel gegeben ist. Jetzt setzt „Bild am Sonntag“ seine Verunsicherungsstrategie gezielt mit Horrormeldungen über angeblich bei Inkrafttreten der Richtlinie notwendige Belastungen der Patienten in der Höhe von 400 EURO monatlich fort. Auch dies entbehrt jeder sachlichen Grundlage.
Der Gemeinsame Bundesausschuss gewährleistet durch seine Richtlinien die Qualität und Wirtschaftlichkeit der Enteralen Ernährung ohne zusätzliche Belastung der Versicherten. Kosten für Versicherte entstehen - wenn überhaupt - nur dann, wenn Produkte in Anspruch genommen werden, deren therapeutischer Nutzen nicht belegt ist. Wenn die Industrie in Deutschland bestimmte Produkte überteuert auf den Markt bringt, die gegenüber von den Krankenkassen übernommenen Standardprodukte keine signifikante Verbesserung in der Qualität der Versorgung bieten, so liegt dieser im Verhältnis zu anderen EU-Ländern überhöhte Preis ausschließlich in ihrer eigenen Verantwortung. Die Krankenkassen können nicht verpflichtet werden, solche unwirtschaftlichen Mehrkosten zu übernehmen.
Die medizinisch sinnvolle und notwendige Enterale Ernährung mit den in ihrer Qualität gesicherten Standardprodukten wird durch die Richtlinie gewährleistet.
Der G-BA erwartet deswegen auch von Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt, dass sie sich nicht vor den Karren solcher offensichtlich gezielt lancierten Falschmeldungen spannen lässt, sondern den gesetzlich dem G-BA zur Enteralen Ernährung erteilten Auftrag, „Qualität und Wirtschaftlichkeit“ zu gewährleisten, ernst nimmt und ihn auch gegenüber den verschiedenen Interessenvertretern vertritt.
Der G-BA hat vom Gesetzgeber die Aufgabe erhalten, festzulegen, wann Enterale Ernährung ausnahmsweise von der Gesetzlichen Krankenversicherung erstattet wird. Bislang ist dieser Bereich ungeregelt, das heißt, dass durch die Richtlinie die notwendige Rechtssicherheit für die Leistungspflicht der Krankenkassen geschaffen werden muss und zwar in allen medizinisch notwendigen Fällen.
Diesen gesetzlichen Auftrag hat der G-BA mit seiner Richtlinie erfüllt. Sollte es politischer Wille sein, entgegen diesem gesetzlichen Auftrag die Enterale Ernährung unverändert durch die Krankenkassen weiter finanzieren zu lassen, bedürfte es keiner Richtlinie des G-BA. Wenn die Richtlinie am politischen Veto des BMGS scheitern sollte, dann ist der gesetzliche Auftrag an den G-BA, die Enterale Ernährung in Deutschland auf eine evidenzbasierte in ihrer Qualität gesicherte und wirtschaftliche Grundlage zu stellen, durch die Selbstverwaltung nicht mehr erfüllbar.