Presse­mit­teilung | Methoden­be­wertung

Arthro­sko­pische Verfahren zur Behandlung der Kniegelenk-​Arthrose aus GKV-​Leistungskatalog ausgeschlossen

Berlin, 27. November 2015 – Bestimmte arthro­sko­pische Verfahren zur Behandlung einer Arthrose des Kniegelenks (Gonarthrose) können zukünftig nicht mehr zulasten der gesetz­lichen Kranken­kassen erbracht werden. Der Gemeinsame Bundes­aus­schuss (G-BA) hat heute in Berlin die entspre­chenden Beschlüsse für die ambulante und stationäre Versorgung gefasst. Es konnten in hochwertigen Studien keine wissen­schaft­lichen Belege für den Nutzen der vom G-BA geprüften arthro­sko­pischen Verfahren zur Behandlung der Gonarthrose gefunden werden.

Bei der Arthro­skopie (Gelenk­spie­gelung) wird das Gelenk im Rahmen eines minimal­in­vasiven operativen Eingriffs durch einen kleinen Hautschnitt zugänglich gemacht und mit Hilfe einer eingeführten Miniatur­kamera der Gelenkspalt inspiziert. Je nach Befund können unterschiedliche therapeu­tische Maßnahmen durchgeführt werden. Zu den vom G-BA geprüften arthro­sko­pischen Verfahren bei Gonarthrose zählen die Gelenk­spülung, die Abtragung der Gelenk­schleimhaut, die Knorpel­glättung und die Meniskus­ent­fernung. Ziel einer therapeu­tischen Arthro­skopie bei Gonarthrose ist es, die mit der Erkrankung einher­ge­henden Schmerzen zu lindern und die Beweglichkeit des Kniegelenks zu verbessern.

„Bei dem nun abgeschlossenen Bewertungs­ver­fahren ist der G-BA der Frage nachge­gangen, inwieweit die arthro­sko­pischen Verfahren bei Kniegelenk-​Arthrose den behandelten Patienten wirklich nützen. Sind beispielsweise die Beschwerden, die mit einer Gonarthrose einhergehen, anschließend geringer? Wie groß ist das Risiko von Nebenwir­kungen, beispielsweise Infektionen des Kniegelenks? Die dahingehende Auswertung der wissen­schaft­lichen Studien erbrachte ein eindeutiges Ergebnis: Für die untersuchten arthro­sko­pischen Verfahren bei Gonarthrose konnte im Vergleich zu Schein­ope­ra­tionen oder einer Nichtbe­handlung kein Nutzenbeleg gefunden werden. Genau dies ist aber die Voraus­setzung für die Aufnahme oder den Verbleib im Leistungs­katalog der gesetz­lichen Kranken­kassen“, begründete Dr. Harald Deisler, unpartei­isches Mitglied im G-BA und Vorsit­zender des zuständigen Unteraus­schusses Methoden­be­wertung, die getroffenen Beschlüsse.

In den Beschlüssen wird jedoch auch klarge­stellt, dass es Konstel­la­tionen gibt, die nicht vom G-BA überprüft wurden und in denen die arthro­sko­pischen Verfahren daher grundsätzlich weiterhin angewendet werden können. Unberührt vom Ausschluss aus dem Leistungs­katalog sind arthro­sko­pischen Eingriffe, die aufgrund von Traumen, einer akuten Gelenk­blockade oder einer meniskus­be­zogenen Indikation, bei der die bestehende Gonarthrose lediglich als Begleit­er­krankung anzusehen ist, durchgeführt werden. Voraus­setzung ist, dass die beim Patienten bestehenden Symptome zuverlässig auf die genannten Verände­rungen zurück­zu­führen und durch eine arthro­sko­pische Intervention zu beeinflussen sind.

Die Gonarthrose ist eine chronisch fortschreitende Erkrankung, die durch ein zunehmendes Gelenk­versagen gekenn­zeichnet ist. Verbunden damit sind Verände­rungen an der Gelenk­struktur, Schmerzen und verminderte Beweglichkeit. Für die Betroffenen kann dies die Aktivitäten des täglichen Lebens erheblich einschränken und die Lebens­qualität mindern.

Arthro­se­er­kran­kungen zählen in Deutschland zu den häufig vorkom­menden chronischen Gesund­heits­pro­blemen. Rund 17 Prozent aller Männer und 27 Prozent aller Frauen erkranken im Lauf ihres Lebens an Arthrose, vorwiegend in den Hüftge­lenken und Kniege­lenken.

Mit Schreiben vom 20. Oktober 2010 hatte der GKV-​Spitzenverband die Bewertung der Arthro­skopie des Kniegelenks bei Gonarthrose gemäß §§ 135 und 137c SGB V beantragt. Der G-BA nahm den Antrag mit Beschluss vom 20. Januar 2011 an und leitete das Beratungs­ver­fahren gemäß 1. Kapitel § 5 VerfO ein. Am 21. Juli 2011 wurde das Institut für Qualität und Wirtschaft­lichkeit im Gesund­heitswesen (IQWiG) mit der Recherche, Darstellung und Bewertung des aktuellen medizi­nischen Wissens­standes zur Arthro­skopie des Kniegelenks bei Gonarthrose beauftragt. Den entspre­chenden Abschluss­bericht legte das IQWiG dem G-BA am 14. März 2014 vor.

Bei seiner Entschei­dungs­findung berück­sichtigte der G-BA neben dem Abschluss­bericht des IQWiG auch die im gesetzlich vorgesehenen Stellung­nah­me­ver­fahren eingebrachten Argumente. Stellung­nah­me­be­rechtigt waren wissen­schaftliche Fachge­sell­schaften, betroffene Medizin­pro­dukte­her­steller und die Bundes­ärz­te­kammer.

Die heutigen Beschlüsse werden dem Bundes­mi­nis­terium für Gesundheit (BMG) zur Prüfung vorgelegt und treten nach Nichtbe­an­standung und Bekannt­machung im Bundes­an­zeiger in Kraft. Beschlusstexte und Tragende Gründe werden in Kürze auf den Internet­seiten des G-BA veröffentlicht.

Hintergrund – Methoden­be­wertung

Der G-BA ist vom Gesetzgeber beauftragt zu entscheiden, auf welche medizi­nischen oder medizinisch-​technischen Untersuchungs-​ und Behand­lungs­me­thoden gesetzlich Kranken­ver­si­cherte Anspruch haben. Im Rahmen eines struktu­rierten Bewertungs­ver­fahrens überprüft der G-BA deshalb, ob Methoden oder Leistungen für eine ausrei­chende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berück­sich­tigung des allgemein anerkannten Standes der medizi­nischen Erkenntnisse in der vertrags­ärzt­lichen und/oder stationären Versorgung erforderlich sind.


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