Anlässlich des 1. Internationalen Tages der Patientensicherheit: Zwischenbilanz des G-BA zu seinen Aufgaben in der hygienebezogenen Qualitätssicherung
Berlin, 17. September 2015 – Der 1. Internationale Tag der Patientensicherheit, ausgerufen vom Aktionsbündnis Patientensicherheit e.V. und seinen internationalen Partnern, stellt die Themen Hygiene und Vermeidung von Infektionen in ambulanten und stationären Gesundheitseinrichtungen in den Mittelpunkt seiner Aktivitäten. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) unterstützt den Tag, indem er eine Zwischenbilanz zu seinen wichtigsten Aufgaben in diesen Themenbereichen zieht.
„Der 1. Internationale Tag der Patientensicherheit lenkt durch seine Schwerpunktsetzung „Hygiene und Infektionsprävention“ die Aufmerksamkeit auf ein für die Patientensicherheit hoch relevantes Handlungsfeld. Der Zunahme an Risikopatienten - immer mehr ältere Menschen mit Begleiterkrankungen - steht eine rasante Resistenzentwicklung bei den Krankheitserregern gegenüber, der Handlungsbedarf bei den verschiedenen Verantwortlichen in Bund und Ländern ist unbestritten. Über das Instrument der hygienebezogenen Qualitätssicherung sind dem G-BA vom Gesetzgeber zwei wichtige Aufgabenbereiche übertragen worden: Er soll Maßnahmen zur Sicherung der Hygiene in der Versorgung beschließen sowie Indikatoren für die Beurteilung der Hygienequalität in der ambulanten und stationären Versorgung entwickeln. In beiden Bereichen hat der G-BA wichtige Ergebnisse erreicht“, erklärt Dr. Regina Klakow-Franck, unparteiisches Mitglied des G-BA, Vorsitzende des Unterausschusses Qualitätssicherung und Mitglied des Kuratoriums des Aktionsbündnisses Patientensicherheit e.V.
Im Folgenden werden die wichtigsten Vorgaben des G-BA zu Hygienemanagement und -qualität sowie zur Berichterstattung dargestellt.
Qualitätssicherungsmaßnahmen in Krankenhäusern
Die sogenannte externe stationäre Qualitätssicherung, geregelt in der QSKH-RL, ist ein bundeseinheitliches Verfahren, nach dem Krankenhäuser bestimmte qualitätsrelevante medizinische und pflegerische Daten dokumentieren müssen. Die von den Krankenhäusern übermittelten Daten werden auf Bundes- und Landesebene statistisch ausgewertet, analysiert und bewertet. Die Ergebnisse werden den Krankenhäusern zurückgespiegelt. So hat jede Klinik die Möglichkeit, den eigenen Leistungsstand in Relation zu anderen einzuschätzen und konkrete Ansätze für die Qualitätsverbesserung zu entwickeln.
Ein Teil der dokumentationspflichtigen Qualitätsindikatoren hat einen Bezug zum Infektionsschutzgesetz beziehungsweise zur Hygienequalität in einem Krankenhaus. So geht es beispielsweise um das Auftreten von Infektionen nach Operationen sowie um die Häufigkeit vorbeugender Antibiotikagabe im zeitlichen Umfeld von Operationen.
Die Ergebnisse der externen stationären Qualitätssicherung werden jährlich in einer Bundesauswertung und einem Qualitätsreport anonymisiert zusammengefasst und veröffentlicht. Um zu erkennen, wo nosokomiale Infektionen im Versorgungsgeschehen besonders häufig entstehen und welche typischen Risikofaktoren bestehen, beauftragte der G-BA im April 2013 das Institut nach § 137a SGB V (derzeit das Göttinger AQUA-Institut) mit der jährlichen Erstellung eines Sonderkapitels im Qualitätsreport zu nosokomialen Infektionen, in dem die Daten aus der externen stationären Qualitätssicherung differenziert nach den jeweiligen Leistungsbereichen und Fachgebieten ausgewertet werden.
Qualitätsbericht der Krankenhäuser
Seit dem Jahr 2003 sind Krankenhäuser gesetzlich dazu verpflichtet, regelmäßig einen strukturierten Qualitätsbericht zu erstellen. Welche Struktur- und Leistungsdaten darin im Einzelnen dokumentiert und dargestellt werden müssen, gibt der G-BA in seinen „Regelungen zum Qualitätsbericht der Krankenhäuser (Qb-R)“ vor. Mithilfe von Internetsuchmaschinen können die Krankenhausberichte von der interessierten (Fach-)Öffentlichkeit gezielt abgefragt und untereinander verglichen werden.
Zum Stand der Hygiene enthalten die Qualitätsberichte Angaben zu ausgewählten hygienebezogenen Qualitätsindikatoren der externen stationären Qualitätssicherung. Seit dem Berichtsjahr 2012 sind die Krankenhäuser zudem verpflichtet, Angaben zu ihrem Hygienepersonal zu machen, die die Vergleichbarkeit der Informationen auf Bundesebene erhöhen. Dies wird erreicht, in dem man sich bei den Bezeichnungen des Fachpersonals an den Empfehlungen der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) mit dem Titel „Personelle und organisatorische Voraussetzungen zur Prävention nosokomialer Infektionen“ sowie an den Krankenhaushygieneverordnungen auf Landesebene orientiert. Gleichzeitig limitieren diese allerdings auch die Vergleichbarkeit, da nicht alle Berufe in den länderspezifischen Verordnungen gefordert oder empfohlen werden.
Da sich gezeigt hat, dass durch die aktive Teilnahme an einem Krankenhaus-Infektions-Surveillance-System (KISS) die Rate an nosokomialen Infektionen bis zu 30 Prozent gesenkt werden kann, wird in den Qualitätsberichten ab dem Berichtsjahr 2014 auch erfasst, ob ein Krankenhaus an einem KISS teilnimmt oder nicht.
Qualitätsmanagement in Krankenhäusern
In der Qualitätsmanagement-Richtlinie für Krankenhäuser (KQM-RL) sind grundsätzliche Anforderungen an ein einrichtungsinternes Qualitätsmanagement festgelegt. 2014 ergänzte der G-BA Anforderungen an die Einrichtung eines Risiko- und Fehlermanagements. Vorgegeben werden Mindeststandards für die Risikoanalyse, -bewertung, -bewältigung und -überwachung sowie für die Schulungen der Beteiligten. Fehlerberichtsysteme müssen für die Mitarbeiter leicht zugänglich sein und die Meldungen müssen freiwillig, anonym und sanktionsfrei erfolgen können. Die Einzelheiten der Umsetzung und Organisation des Fehlermeldesystems fallen in die Verantwortung des Krankenhauses und können an dessen speziellen Verhältnissen ausgerichtet werden. Das heißt, dass mit der KQM-RL kein konkretes Fehlermeldesystem, wie z.B. das CIRS (Critical Incident Reporting System), vorgegeben ist. Über die Mindeststandards soll jedoch sichergestellt werden, dass ein qualitativ hochwertiges System eingeführt wird.
Der Stand der Umsetzung zu den Anforderungen an das einrichtungsinterne Qualitätsmanagement wird über die Qualitätsberichte der Krankenhäuser abgefragt.
Qualitätsmanagement für die vertragsärztliche und die vertragszahnärztliche Versorgung
Auch für ambulante Einrichtungen wie zum Beispiel Arzt- oder Zahnarztpraxen entwickelt der G-BA Vorgaben zum Qualitätsmanagement, hier vor allem zu Strukturen und Abläufen. In seinen beiden Qualitätsmanagementrichtlinien zur ärztlichen und zur zahnärztlichen Versorgung (ÄQM-RL und ZÄQM-RL) gibt der G-BA vor, dass zu den Grundelementen eines einrichtungsinternen Qualitätsmanagements ein Hygienemanagement (u. a. Hygiene- und Hautschutzplan) gehört.
Analog zu den Qualitätsmanagementmaßnahmen im Krankenhaus werden auch für die vertragsärztliche und vertragszahnärztliche Versorgung das Erfordernis einer Risikoanalyse, -bewertung, -bewältigung und -überwachung sowie die Notwendigkeit von Schulungen der Beteiligten als Mindeststandards vorgegeben.
Einrichtungs- und sektorenübergreifende Qualitätssicherung
Im Dezember 2010 hat der G-BA den Rahmen für eine Qualitätssicherung etabliert, die sowohl die ambulante als auch stationäre Behandlung einrichtungs- und sektorenübergreifend erfasst (Qesü-RL). Hierzu werden nun nach und nach sektorenübergreifende Qualitätssicherungsverfahren zu konkreten Krankheitsbildern entwickelt. Auch hier spielt das Thema Hygiene eine Rolle. So wurden zwei Verfahren zur Vermeidung nosokomialer Infektionen entwickelt:
- Postoperative Wundinfektionen nach operativen Eingriffen sowie
- Gefäßkatheter-assoziierte Infektionen („intravasale Katheter“).
Sie sollen dabei helfen, das Infektionsrisiko zu verringern und damit verbundene Komplikationen und Spätfolgen zu reduzieren. Da die Versorgungsqualität anhand von Indikatoren gemessen und dargestellt werden kann, wird zudem ein Vergleich der Leistungserbringer ermöglicht.
Beide Verfahren wurden auf ihre Machbarkeit hin überprüft und die Berichte zu den Ergebnissen der Überprüfung auf der Website des G-BA veröffentlicht. Das Verfahren zur Vermeidung postoperativer Wundinfektionen nach operativen Eingriffen befindet sich derzeit in der Vorbereitung zur Umsetzung.
Qualitätssicherung speziell bei der Versorgung von Früh- und Reifgeborenen
Es gehört zu den Aufgaben des G-BA, Mindestanforderungen an die Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität für diagnostische und therapeutische Leistungen im Krankenhaus festzulegen. Diese Mindestanforderungen müssen erfüllt sein, damit ein Krankenhaus eine bestimmte Leistung weiterhin anbieten kann.
In seiner Qualitätssicherungs-Richtlinie Früh- und Reifgeborene (QFR-RL) hat der G-BA die Anforderungen an die vier perinatologischen Versorgungsstufen – Perinatalzentren Level 1 und 2, perinataler Schwerpunkt und Geburtsklinik – definiert sowie Zuweisungskriterien festgelegt. Zu den hygienebezogenen Qualitätsanforderungen an Perinatalzentren Level 1 und 2 gehört beispielsweise, dass das Zentrum an einer externen Infektionsbeobachtung für Frühgeborene mit einem Geburtsgewicht unter 1500 g teilnimmt. Zudem ist vorgeschrieben, dass die Zentren im Rahmen ihres einrichtungsinternen Qualitätsmanagements regelmäßig interdisziplinäre Fallkonferenzen unter Einbeziehung des Fachbereichs Krankenhaushygiene abhalten.
Qualitätssicherung speziell bei Dialyse
Für die Qualitätssicherung der Dialyse im vertragsärztlichen Bereich entwickelte der G-BA im Jahr 2006 eine eigene Richtlinie. Mit der seit 1. Januar 2014 geltenden Neufassung erfassen neu aufgenommene Benchmarking-Parameter auch die Hygienequalität von Dialyseeinrichtungen. Gemessen wird zum Beispiel die Zahl der zugangsassoziierten Infektionen (Infektionen an der Einstichstelle von Venenverweilkanülen oder zentralen Venenkathetern) oder das Vorkommen einer infektiösen Peritonitis bei Patientinnen und Patienten mit Peritonealdialyse (eine meist bakteriell verursachte Entzündung des Bauchfells nach Anwendung der Bauchfelldialyse).