G-BA vergibt erstmals höchste Zusatznutzen-Kategorie
Berlin, 19. Februar 2015 – Im Rahmen der frühen Nutzenbewertung von Arzneimitteln konnte der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) heute in Berlin einem Wirkstoff erstmals einen erheblichen Zusatznutzen attestieren: Propranolol (Hemangiol®) zur Behandlung von Säuglingen mit proliferativen infantilen Hämangiomen (Blutschwämmchen), die eine systemische Therapie erfordern. Bei einer der drei zu unterscheidenden Patientengruppen kann Propranolol eine Heilung der Erkrankung herbeiführen. Bei seinen Bewertungen zum Ausmaß des Zusatznutzens von Arzneimitteln unterscheidet der G-BA unter anderem die Kategorien „gering“, „beträchtlich“ und „erheblich“. Die unterschiedlichen Stufen für die Bestimmung des Zusatznutzens und die hierfür anzulegenden Kriterien hat der Gesetzgeber in der Arzneimittel-Nutzenbewertungsverordnung (§ 5 Abs. 7) festgelegt.
Bei infantilen Hämangiomen handelt es sich überwiegend um gutartige vaskuläre Tumoren mit unkomplizierten klinischen Verläufen, die jedoch in Abhängigkeit von Ort und Größe mit Komplikationen wie der Entstehung von Geschwüren, Blutungen, zurückbleibenden Narben bis hin zu lebensbedrohender Atem- oder Herzinsuffizienz verbunden sein können. Die bisherigen Behandlungsmöglichkeiten umfassen abwartendes Vorgehen, operative Eingriffe oder bei schweren Verläufen eine Therapie mit Kortison, die allerdings mit erheblichen Nebenwirkungen verbunden ist.
Bei der Nutzenbewertung unterschied der G-BA auf Basis des zugelassenen Anwendungsgebietes zwischen drei Patientengruppen: Kindern mit lebens- oder funktionsbedrohendem Hämangiom, Kindern mit ulzeriertem Hämangiom, das Schmerzen verursacht und/oder nicht auf einfache Wundpflegemaßnahmen anspricht sowie Kindern mit einem Hämangiom, bei dem die Gefahr von bleibenden Narben oder Entstellung besteht.
„Für die Gruppe der Kinder mit einem Hämangiom, bei dem die Gefahr von bleibenden Narben oder Entstellung besteht, lag dem G-BA eine aussagekräftige vergleichende Studie zur Bewertung vor. Dies ist angesichts der bekannten Schwierigkeiten bei der Durchführung von klinischen Studien an Kindern besonders bemerkenswert“, sagte Prof. Josef Hecken, unparteiischer Vorsitzender des G-BA und Vorsitzender des Unterausschusses Arzneimittel.
Für diejenigen Kinder, die in dieser Studie untersucht wurden, hat der G-BA dem Wirkstoff einen erheblichen Zusatznutzen zuerkannt. Der Zusatznutzen für die beiden anderen Gruppen wurde als nicht quantifizierbar bewertet.
Der G-BA legt seinem Beschluss die vom pharmazeutischen Unternehmer in dessen Unterlagen angegebenen Patientenzahlen von etwa 1670 bis 7000 betroffenen Kindern zugrunde und traf seine Entscheidung auf der Basis des Dossiers des pharmazeutischen Unternehmers, der vom Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) erstellten Dossierbewertung und der hierzu im schriftlichen und mündlichen Anhörungsverfahren vorgetragenen Stellungnahmen.
Der Beschluss tritt mit Veröffentlichung auf den Internetseiten des G-BA in Kraft. Die Tragenden Gründe zu diesem Beschluss werden ebenfalls folgender Seite im Internet veröffentlicht:
https://www.g-ba.de/informationen/beschluesse/zum-aufgabenbereich/54/
Hintergrund – Frühe Nutzenbewertung von Arzneimitteln
Seit dem 1. Januar 2011 hat der G-BA die gesetzliche Aufgabe, für alle neu zugelassenen Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen sofort nach Markteintritt eine (Zusatz-)Nutzenbewertung durchzuführen (§ 35a SGB V). Deren Ergebnis ist die Entscheidungsgrundlage für die sich anschließenden Preisverhandlungen, die der GKV-Spitzenverband mit dem pharmazeutischen Hersteller führt.
Den Auftrag zur frühen Nutzenbewertung erhielt der G-BA über das Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes (AMNOG). Das mit Wirkung zum 1. Januar 2011 in Kraft getretene Gesetz verpflichtet pharmazeutische Unternehmen erstmals, bereits zur Markteinführung eines neuen Produktes in Deutschland beziehungsweise bei der Zulassung neuer Anwendungsgebiete ein Dossier zum Nutzen des Präparates vorzulegen.