Erstes einrichtungs- und sektorenübergreifendes Qualitätssicherungsverfahren geht in den Regelbetrieb
Berlin, 19. Februar 2015 – Die medizinische Behandlungsqualität bestimmter Eingriffe mit einem Herzkatheter – der Koronarangiographie und der perkutanen Koronarintervention (PCI) – soll ab dem 1. Januar 2016 sowohl ambulant als auch stationär gesichert werden. Dafür hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) am Donnerstag in Berlin mit einem entsprechenden Beschluss die Voraussetzungen geschaffen.
In Deutschland zählen die chronische koronare Herzkrankheit (KHK) und der akute Myokardinfarkt zu den häufigsten Todesursachen im Erwachsenenalter. Zur Behandlung dieser Erkrankungen werden Herzkatheter zur diagnostischen Koronarangiographie oder zur therapeutischen PCI eingesetzt. Die PCI erlaubt die Wiedereröffnung/Weitung eines Herzkranzgefäßes mittels eines Ballonkatheters und/oder den Einsatz einer Gefäßstütze. Pro Jahr werden über 800.000 Koronarangiographien und PCI in mindestens 844 Linksherzkatheterlaboren durchgeführt. Die Eingriffe werden sowohl ambulant als auch stationär erbracht.
„Anlass für das neue, sektorenübergreifende Qualitätssicherungsverfahren waren Hinweise auf sektoral und regional unterschiedliche Qualitätsverbesserungspotentiale. Mit dem Verfahren sollen nun – unabhängig vom Ort des Eingriffs – valide und vergleichbare Aussagen zur Qualität der Indikationsstellung, zur Durchführung des Eingriffs und zur Langzeit-Ergebnisqualität erhoben werden“, sagte Dr. Regina Klakow-Franck, unparteiisches Mitglied des G-BA und Vorsitzende des Unterausschusses Qualitätssicherung.
Bei einrichtungs- und sektorenübergreifenden Qualitätssicherungsverfahren (QS-Verfahren) werden Datensätze eines Patienten aus unterschiedlichen Behandlungsorten, -sektoren und -zeiten pseudonymisiert zusammengeführt. Um den Dokumentationsaufwand so gering wie möglich zu halten, nutzt der G-BA bei dem QS-Verfahren PCI und Koronarangiographie neben der Datenerhebung durch die Kliniken und Vertragsärzte auch die Sozialdaten bei den Krankenkassen. Diese ermöglichen es, Komplikationen und unerwünschte Ereignisse über den Zeitpunkt des Eingriffs hinaus zu erfassen. Zu einem späteren Zeitpunkt ist außerdem die Durchführung von Patientenbefragungen vorgesehen.
Voraussetzung für das nun anstehende themenspezifische Verfahren waren verschiedene vorbereitende Entwicklungsschritte. So mussten zunächst Qualitätsindikatoren einschließlich Instrumente und Dokumentationsvorgaben entwickelt werden, die in den Kliniken und Praxen gleichermaßen erhoben werden können und so einen Leistungsvergleich ermöglichen. Nachdem diese Qualitätsindikatoren vorlagen, beauftragte der G-BA die EDV-technische Aufbereitung und eine Machbarkeitsprüfung. Ein sich daran anschließender Probebetrieb wurde im Juli 2013 beendet.
Weitere für den Regelbetrieb erforderliche Voraussetzungen wurden durch den G-BA mit den normativen Regelungen zur Nutzung der Sozialdaten bei den Krankenkassen gemäß § 299 Absatz 1a SGB V sowie durch die Vorbereitungen zur Errichtung einer Datenannahmestelle für die Sozialdaten bei den Krankenkassen geschaffen.
Um die umgehende Entwicklung und rechtzeitige Bereitstellung der notwendigen Dokumentationssoftware zu ermöglichen, beschloss der G-BA zudem, die Spezifikation PCI für das Jahr 2016 festzulegen. Sämtliche Informationen zur Spezifikation einschließlich der technischen Dokumentation werden von der Institution nach § 137a SGB V auf deren Internetseiten unter www.sqg.de veröffentlicht.
Hintergrund: Einrichtungs- und sektorenübergreifende Qualitätssicherung
Der G-BA hat den gesetzlichen Auftrag (§ 137 SGB V), Regelungen zur einrichtungsübergreifenden, an der Ergebnisqualität ausgerichteten Maßnahmen zur sektorenübergreifenden Qualitätssicherung zu beschließen. Diese ermöglichen sogenannte Längsschnittbetrachtungen von medizinischer Behandlungsqualität unabhängig davon, ob diese im ambulanten und stationären Bereich erbracht wurden.
Die Richtlinie über die einrichtungs- und sektorenübergreifenden Maßnahmen der Qualitätssicherung (Richtlinie zur einrichtungs- und sektorenübergreifenden Qualitätssicherung - Qesü-RL) legt in ihrem ersten Teil die Rahmenbestimmungen für die einrichtungs- und sektorenübergreifenden Maßnahmen der Qualitätssicherung fest und beschreibt die infrastrukturellen und verfahrenstechnischen Grundlagen, die für die Umsetzung sektorenübergreifender Qualitätssicherungsverfahren erforderlich sind.
In Teil 2 der Richtlinie sind die verfahrensspezifischen Festlegungen für die jeweiligen sektorenübergreifenden Qualitätssicherungsverfahren vorgesehen, die die Grundlage für eine verbindliche Umsetzung des jeweiligen Qualitätssicherungsverfahrens schaffen.
In der Qesü-RL ist auch verankert, wie vom G-BA Krankenkassendaten gemäß § 299 Absatz 1a SGB V für Zwecke der Qualitätssicherung genutzt werden können. Diese teilweise besonders schutzbedürftigen Daten müssen dafür in geeigneter Weise entgegengenommen, geprüft, ggf. pseudonymisiert und an eine Auswertungsstelle übermittelt werden. Festgelegt sind entsprechend auch das Datenflussverfahren, die am Datenfluss beteiligten Stellen sowie deren jeweiligen Einsichtsrechte und Aufgaben.
Der heutige Beschluss wird dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) zur Prüfung vorgelegt und tritt nach erfolgter Nichtbeanstandung und Bekanntmachung im Bundesanzeiger in Kraft. Beschlusstext und Tragende Gründe werden in Kürze auf folgender Seite im Internet veröffentlicht:
https://www.g-ba.de/informationen/beschluesse/zum-aufgabenbereich/19/