Schuldzuweisungen der Politik nicht gerechtfertigt
Siegburg, den 16. Januar 2004 - Der Gemeinsame Bundesausschuss wendet sich entschieden gegen den Vorwurf der Politik, die gemeinsame Selbstverwaltung habe zu spät auf die Herausforderung des Gesundheitsmodernisierungsgesetzes (GMG) reagiert.
Der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen hat bereits am 1. Dezember 2003 und nicht „unmittelbar vor Weihnachten“ nach intensiven Vorarbeiten im November Richtlinien zur Anwendung der neuen Chronikerregelung und Fahrtkostenerstattung beschlossen und dem Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung (BMGS) zugeleitet. Er hat damit im Vorgriff auf das erst zum 1. Januar 2004 in Kraft tretende GMG rechtzeitig den gesetzgeberischen Willen aufgegriffen, die Härtefallregelung auf die Dauerbehandlung „schwerwiegender chronischer Erkrankungen“ zu reduzieren, die Fahrtkostenerstattung in der ambulanten Versorgung von einer vorherigen Genehmigung der Krankenkasse abhängig zu machen und auf „besondere Ausnahmenfälle“ zu begrenzen.
In einem ersten Gespräch zu diesen Richtlinienbeschlüssen am 19. Dezember 2003 sind sowohl die Einwände des BMGS gegen eine zu restriktive Einschränkung von Leistungsansprüchen der Versicherten als auch die Gründe für die Beschlussfassung eingehend erörtert worden. Die Vertreter der gemeinsamen Selbstverwaltung haben das BMGS eindringlich gebeten, das Inkrafttreten dieser Richtlinien zum 1. Januar 2004 nicht zu blockieren, sondern als Einstieg in eine hoch komplexe Neuregelung zu akzeptieren und mit der Auflage einer zeitnahen Ergänzung zu versehen. Dies ist leider nicht geschehen. Sonst hätten Dialysepatienten und strahlentherapeutisch oder chemotherapeutisch ambulant behandelte Patienten bereits ab 1. Januar 2004 Anspruch auf Fahrtkostenerstattung gehabt. Und für mehr als eine Millionen chronisch kranker Patienten wäre die Herabsetzung der Härtefallregelung bereits festgestellt gewesen.
Für die Handhabung der Praxisgebühr ist der Bundesausschuss nicht zuständig. Die Bundesmantelvertragspartner haben Anwendungsregelungen vereinbart, die zum 1. Januar 2004 in Kraft getreten sind. Die jetzt auftretenden Probleme basieren vielmehr auf dem Gesetzestext, der für „jede erste Inanspruchnahme eines an der ambulanten ärztlichen, zahnärztlichen oder psychotherapeutischen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringers“ die Verpflichtung des Versicherten zur Zuzahlung begründet, es sei denn, es liegt eine Überweisung aus demselben Kalendervierteljahr vor. Aus dieser eindeutigen Formulierung, an die sich die gemeinsame Selbstverwaltung gebunden sieht, resultieren vor allem die Probleme für die Behandlung der Zuzahlung bei mehrfach auftretenden Notfällen, bei der Ausstellung von Wiederholungsrezepten, der Ausstellung von Überweisungen am Quartalsende und der Inanspruchnahme von Psychotherapeuten in der vertragsärztlichen Versorgung.
Der Gemeinsame Bundesausschuss, der sich am 13. Januar 2004 neu konstituiert hat, wird alles ihm mögliche tun, um die aufgetretenen Anlaufschwierigkeiten schnellstmöglich zu beheben. Mit einseitigen Schuldzuweisungen an die gemeinsame Selbstverwaltung ist niemandem gedient.