G-BA-Vorsitzender zu aktuellen AMNOG-Änderungsanträgen: Schritt in die richtige Richtung – Orphan Drug-Regelung aber nach wie vor unbefriedigend
Berlin, 27. Oktober 2010 – Zu den aktuellen Änderungsanträgen zum Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes in der gesetzlichen Krankenversicherung (AMNOG) erklärt der Vorsitzende des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), Dr. Rainer Hess:
„Die von der Regierungskoalition eingebrachte Ergänzung zu der vom G-BA auch für Arzneimittel durchzuführenden Nutzenbewertung ist ein Schritt in die richtige Richtung. Nicht mehr der G-BA muss einem pharmazeutischen Unternehmen die „Unzweckmäßigkeit“ seines Arzneimittels als Grundlage eines Verordnungsausschlusses belegen, sondern der pharmazeutische Unternehmer muss auf Anforderung durch den G-BA die Zweckmäßigkeit seines Arzneimittels nachweisen, wenn er einen Verordnungsausschluss vermeiden will.
Das Verfahren selbst ist allerdings langwierig und kompliziert ausgestaltet. Da der Vorschlag immer noch auf die „Zweckmäßigkeit“ und nicht auf den „Nutzen“ eines Arzneimittels abstellt, bleibt jedoch die Rechtsfrage strittig, welche Rechtsfolge insoweit die Arzneimittelzulassung hat und ob nicht der Hersteller dazu verpflichtet ist, nach einer nur der Preisregulierung dienenden Frühbewertung eines Arzneimittels den Nutzenbeleg anhand patientenrelevanter Endpunkte wie Morbidität, Mortalität und Lebensqualität durch entsprechende aussagekräftige Studien anzutreten. Diese Rechtsfrage stellt sich schon nach geltendem Recht und bedarf deswegen unabhängig vom AMNOG einer rechtlichen Klärung.
Nach wie vor unbefriedigend und dem Schutz von Patientinnen und Patienten vor hoch risikobehafteten Arzneimitteln zuwiderlaufend ist die vorgesehene generelle gesetzliche Unterstellung eines Solitärstatus mit Zusatznutzen für sogenannte „Orphan Drugs“ für die Behandlung seltener Erkrankungen. Solange zu solchen Arzneimitteln tatsächlich keine Behandlungsalternativen bestehen, ist ihr Nutzen anzuerkennen. Wenn aber - wie es schon jetzt der Marktrealität entspricht – zur Behandlung einer Erkrankung bereits mehrere „Orphan Drugs“ zugelassen sind, muss zum Schutz der Patientinnen und Patienten die Möglichkeit einer vergleichenden Nutzenbewertung durch den G-BA mit entsprechenden Schlussfolgerungen für die Verordnungsfähigkeit zu Lasten der GKV möglich bleiben.“