G-BA-Vorsitzender zu GKV-OrgWG: Geplante Neuregelung zur künstlichen Ernährung ermöglicht Lebensmittelkauf auf Krankenschein
Siegburg/Berlin, 24. September 2008 – Anlässlich der Anhörung zum Entwurf eines Gesetzes zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-OrgWG) erklärte der unparteiische Vorsitzende des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), Dr. Rainer Hess, heute in Berlin:
„Mit den im Gesetzentwurf geplanten Änderungen zur Verordnungsfähigkeit von enteraler Ernährung soll nachträglich eine Rechtsgrundlage für die am 25. August 2005 im Weg der Ersatzvornahme durch das Bundesministerium für Gesundheit durchgesetzte Richtlinie zur enteralen Ernährung geschaffen werden. Diese Ersatzvornahme ist bereits teilweise als gesetzwidrig aufgehoben worden und droht offensichtlich wohl auch nach Auffassung des BMG insgesamt rechtlich zu scheitern, wenn das Gesetz nicht entsprechend seines Formulierungsvorschlages geändert wird. In diesem Falle würde aber genau das fortdauern, was der Gesetzgeber ursprünglich ausdrücklich verhindern wollte: die Leistungspflicht der GKV für eine Vollernährung mit bilanzierten Diäten, die zu einer beträchtlichen Mengenausweitung dieser Produkte und zu einer ethisch und medizinisch unvertretbaren Ernährungspraxis in Pflegeeinrichtungen führen konnte. Abgesehen davon, dass eine derartige Ausweitung der Leistungspflicht der Krankenkassen mit diesen Konsequenzen in einem Organisationsweiterentwicklungsgesetz nichts zu suchen hat, fragt es sich, wie die Bevorzugung diätetischer Lebensmittel gegenüber ebenfalls frei verkäuflichen Arzneimitteln und Medizinprodukten zu rechtfertigen ist.“ so Hess.
Weiterhin äußerte sich der Vorsitzende zu Änderungsvorschlägen, die die Richtlinienkompetenz des G-BA betreffen:
Die vorgeschlagene Aufhebung der Altersgrenze von 68 Lebensjahren für die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung habe Auswirkungen auf die Bedarfsplanung insgesamt, die bedacht werden müssten.
Zur Verbesserung der psychotherapeutischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit entsprechend spezialisierten Psychotherapeuten solle die Mindestquote für die Zulassung entsprechend spezialisierter Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten erhöht werden.
Die beabsichtigte Ausschreibungsmöglichkeit „halber Zulassungen“ sei unter Versorgungsgesichtspunkten mehr als problematisch; sie dürfe in ihren Auswirkungen auf die Bedarfsplanung deswegen nicht als „Klarstellung der Rechtslage“ bagatellisiert werden.