Gemeinsamer Bundesausschuss stellt klar: Keine fachliche Kritik des Bundesgesundheitsministeriums an der Entscheidung zu Clopidogrel
Siegburg/Köln, 16. März 2007 - Entgegen anderslautender Presseverlautbarungen werden weder die fachliche Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) zu dem grundsätzlichen Verordnungsausschluss der Monotherapie mit Clopidogrel noch die diesem Beschluss zugrunde liegende wissenschaftliche Expertise des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) in Frage gestellt. Vielmehr wird die Entscheidung des G-BA zur Verordnungsfähigkeit von Clopidogrel versus Acetylsalicylsäure (ASS) mit der formalen Begründung vom BMG beanstandet, dass die Ausnahmen des Verordnungsausschlusses nicht nur in den Erläuterungen („Tragende Gründe“) hätten genannt werden müssen, sondern ausdrücklich auch im Beschluss selbst. Außerdem – so das BMG – hätte das beim IQWiG noch anhängige Verfahren zur Nutzenbewertung einer Kombinationstherapie aus Clopidogrel und ASS abgewartet und in eine Gesamtbewertung des Nutzens von Clopidogrel einbezogen werden müssen.
Das entsprechende Schreiben des BMG ist auf der Internetseite des G-BA veröffentlicht:
http://www.g-ba.de/downloads/40-268-291/2007-01-18-AMR10-Clopidogrel_BMG.pdf
„Das BMG verhält sich mit seiner Verfahrensrüge höchst widersprüchlich“, sagte Dr. Rainer Hess, unparteiischer Vorsitzender des G-BA, am Donnerstag in Köln. „Denn in der im vergangenen Jahr getroffenen und vom BMG ausdrücklich bestätigten Entscheidung des G-BA zu kurzwirksamen Insulinanaloga bei Diabetes Typ 2 werden die Ausnahmen vom Verordnungsausschluss auch nicht im Beschluss selbst genannt, sondern in den Tragenden Gründen.“
Weiterhin hatte das BMG bereits in seiner Bestätigung des G-BA-Beschlusses zu kurzwirksamen Insulinanaloga bei Diabetes Typ 2 die schrittweise indikationsbezogene Nutzenbewertung des IQWIG für zulässig erklärt. „Warum dieses Vorgehen in einem Verfahren ausdrücklich befürwortet wird, in einem anderen aber sogar den Vorwurf der Verfassungswidrigkeit begründen soll, bleibt unerfindlich. Das BMG muss sich schon klar äußern, wie der G-BA denn nun weiterarbeiten soll.“, so Hess weiter.
Hintergrund zum Thema
Der G-BA hatte das IQWiG beauftragt, eine Nutzenbewertung von Clopidogrel vorzunehmen. Eine Teilfrage galt dem Einsatz in der Monotherapie zur Sekundärprophylaxe bei Patienten mit Gefäßkrankheiten. Das IQWiG kam zu dem Ergebnis, dass in diesem Anwendungsgebiet von Clopidogrel im Vergleich zu Acetylsalicylsäure ein Zusatznutzen lediglich für eine bestimmte Patientengruppe wissenschaftlich belegt ist. In der Umsetzung dieser Empfehlung hat der G-BA im Januar 2007 den Beschluss gefasst, dass der Wirkstoff Clopidogrel – bis auf diese Ausnahme – in diesem Anwendungsgebiet künftig nicht mehr zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) verordnungsfähig ist. Die Bewertung des IQWiG zum Nutzen der Kombinationstherapie von Clopidogrel mit Acetylsalisylsäure bei Herzerkrankungen liegt noch nicht vor und wird im Laufe des Jahres erwartet.
Der G-BA kann die Verordnung von Arzneimitteln einschränken oder ausschließen, wenn nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse der therapeutische Nutzen, die medizinische Notwendigkeit oder die Wirtschaftlichkeit nicht nachgewiesen sind sowie insbesondere, wenn ein Arzneimittel unzweckmäßig oder einen andere wirtschaftlichere Behandlungsmöglichkeit mit vergleichbarem therapeutischen Nutzen verfügbar ist. Das IQWiG als unabhängiges wissenschaftliches Institut leitet dem G-BA seine Ergebnisse als Empfehlung zu. Auf der Internetseite des IQWiG www.iqwig.de sind sowohl Abschlussbericht als auch weitere Informationen zur Nutzenbewertung von Clopidogrel veröffentlicht.
Bei seinen Entscheidungen berücksichtigt der G-BA den aktuellen Stand der medizinischen Erkenntnisse und untersucht den diagnostischen oder therapeutischen Nutzen, die medizinische Notwendigkeit und die Wirtschaftlichkeit einer Leistung aus dem Pflichtkatalog der Krankenkassen. Zudem hat der G-BA weitere wichtige Aufgaben im Bereich des Qualitätsmanagements und der Qualitätssicherung in der ambulanten und stationären Versorgung.
Hintergrund Gemeinsamer Bundesausschuss
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) ist das oberste Beschlussgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung der Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten, Krankenhäuser und Krankenkassen in Deutschland. Er bestimmt in Form von Richtlinien den Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) für etwa 70 Millionen Versicherte. Der G-BA legt fest, welche Leistungen der medizinischen Versorgung von der GKV erstattet werden. Rechtsgrundlage für die Arbeit des G-BA ist das fünfte Buch des Sozialgesetzbuches (SGB V).
Den gesundheitspolitischen Rahmen der medizinischen Versorgung in Deutschland gibt das Parlament durch Gesetze vor. Aufgabe des G-BA ist es, innerhalb dieses Rahmens einheitliche Vorgaben für die konkrete Umsetzung in der Praxis zu beschließen. Die von ihm beschlossenen Richtlinien haben den Charakter untergesetzlicher Normen und sind für alle Akteure der GKV bindend.
Bei seinen Entscheidungen berücksichtigt der G-BA den aktuellen Stand der medizinischen Erkenntnisse und untersucht den diagnostischen oder therapeutischen Nutzen, die medizinische Notwendigkeit und die Wirtschaftlichkeit einer Leistung aus dem Pflichtkatalog der Krankenkassen. Zudem hat der G-BA weitere wichtige Aufgaben im Bereich des Qualitätsmanagements und der Qualitätssicherung in der ambulanten und stationären Versorgung.