Mehr Netzverbünde für schwer psychisch erkrankte Erwachsene – G-BA will Umsetzungshürden ausräumen
Berlin, 17. Oktober 2024 – Schwer psychisch erkrankte Erwachsene sollen durch eine verbesserte Struktur eine schnelle und umfassende ärztliche und therapeutische Hilfe erhalten. Der G-BA hatte dafür Grundsätze einer koordinierten und strukturierten Versorgung in seiner Erstfassung der KSVPsych-Richtlinie festgelegt. Um auf mögliche Hürden für eine flächendeckende Umsetzung in der Versorgung zeitnah reagieren zu können, beschloss der G‑BA zeitgleich die Überprüfung der Umsetzung der Regelungen. Die ersten Ergebnisse hat der G-BA inzwischen auf Grundlage seines Zwischenberichtes(PDF 1,56 MB) ausgewertet. Diese weisen bereits auf Anpassungsbedarf an der Richtlinie hin. Dazu hat der G-BA heute die Beratungen aufgenommen.
Dr. med. Bernhard van Treeck, unparteiisches Mitglied des G-BA und Vorsitzender des Unterausschusses Psychotherapie und psychiatrische Versorgung, zum heutigen Beschluss: „Die Komplexversorgung für schwer psychisch erkrankte Erwachsene ist noch nicht in allen Regionen Deutschlands so angekommen, wie wir uns das als G-BA erhofft hatten. So fehlen Netzverbünde in ländlichen Gebieten, unter anderem aber auch in ostdeutschen Bundesländern. Dass sich neue Strukturen nicht über Nacht etablieren, war uns natürlich bewusst. Wir hatten deshalb bereits bei der Einführung der neuen Komplexversorgung beschlossen, zeitnah zu prüfen, ob sich die Netzverbünde in der Fläche gründen und nachzujustieren, wenn Hürden bei der Umsetzung benannt werden können. Der vorliegende Zwischenbericht zeigt, dass vor allem die Vorgabe für einen vollen Versorgungsauftrag sowie organisatorisch-administrative und strukturelle Anforderungen als Hürden einer flächendeckenden Umsetzung zurückgemeldet wurden. Erwartbar positiv für uns ist, dass die Evaluation die therapeutische Zielrichtung grundsätzlich bestätigt hat und diese neue Versorgungsform als Verbesserung für die Situation der Patientinnen und Patienten gesehen wird. Auch aus meiner Perspektive als Psychiater kann ich daher sagen: Wir sind auf einem guten Weg. Ausgehend von dem Zwischenbericht wird der G-BA nun in den nächsten Monaten prüfen, wie die Richtlinienvorgaben sachgerecht angepasst werden können – im Einklang mit den berechtigt hohen fachlichen Ansprüchen, die Netzverbünde erfüllen müssen.“
Aktuelle Anforderungen an Netzverbünde
Für die Gründung eines Netzverbundes schließen mindestens zehn Fachärztinnen und Fachärzte sowie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten einen Netzverbundvertrag. Vertreten sein können unter anderem die Fachdisziplinen Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatische Medizin oder Neurologie. Zudem muss ein Netzverbund über Kooperationsverträge die Zusammenarbeit mit mindestens einer stationären Einrichtung sowie mit mindestens einer Person aus den folgenden Gesundheitsberufen nachweisen: Ergotherapie, Soziotherapie, psychiatrische häusliche Krankenpflege.
Netzverbundverträge und Kooperationsverträge werden von der jeweils zuständigen regionalen Kassenärztlichen Vereinigung (KV) geprüft und – sofern die in der Richtlinie des G-BA genannten Bedingungen erfüllt sind – genehmigt. Die KVen stellen im Internet ein öffentliches Verzeichnis der Netzverbünde bereit.
Gesetzlicher Hintergrund
Mit dem Gesetz zur Reform der Psychotherapeutenausbildung erhielt der G-BA die Aufgabe, Regelungen für eine berufsgruppenübergreifende, koordinierte und strukturierte Versorgung, insbesondere für schwer psychisch kranke Versicherte mit einem komplexen psychiatrischen oder psychotherapeutischen Behandlungsbedarf nach § 92 Absatz 6b SGB V in einer eigenen Richtlinie zu definieren. Er wurde beauftragt, Regelungen zu treffen, die diagnoseorientiert und leitliniengerecht den Behandlungsbedarf konkretisieren. Ebenso sollte der Übergang von der stationären in die ambulante Versorgung für Patientinnen und Patienten leichter werden.