G-BA verbessert den Informationsfluss im Neugeborenen-Screening auf angeborene Erkrankungen
Berlin, 21. März 2024 – Angeborene Erkrankungen wie die spinale Muskelatrophie (SMA) und Mukoviszidose können beim Neugeborenen mit Hilfe einer Blutuntersuchung bereits sehr frühzeitig entdeckt und behandelt werden. Der Gemeinsame Bundesauschuss (G-BA) hat heute den Informationsfluss mit den Eltern in diesem Screening-Angebot der gesetzlichen Krankenversicherung an die überarbeitete Richtlinie der Gendiagnostik-Kommission angepasst und damit weiter verbessert. Ziel ist es, dass alle Beteiligten – Eltern, Klinik bzw. Kinderärztin oder Kinderarzt und Screeninglabor – ohne Zeitverlust zusammenarbeiten. Nur so sind eine schnelle Kontrolle beziehungsweise Abklärung auffälliger Screening-Ergebnisse und ein früher Behandlungsbeginn verlässlich zu erreichen. Da die Aufklärung und das Einverständnis der Eltern dabei essenziell sind, passte der G-BA auch die entsprechenden Versicherteninformationen zum erweiterten Neugeborenen-Screening und zum Screening auf Mukoviszidose dahingehend an. Zudem werden der Ablauf, die daran beteiligten Institutionen sowie die Rückfragemöglichkeit der Eltern detaillierter dargestellt.
Dazu Dr. Monika Lelgemann, unparteiisches Mitglied des G-BA und Vorsitzende des Unterausschusses Methodenbewertung: „Mit dem Neugeborenen-Screening haben wir ein sehr gutes Programm, mit einer Teilnahmequote von fast 100 Prozent. Bei wenigen untersuchten Neugeborenen ist allerdings unklar, ob und wie zügig ein auffälliges Ergebnis abgeklärt wurde. Zentrales Ziel unserer Beratungen war es, den Informationsfluss nochmals zu verbessern. Dabei waren insbesondere zwei verschiedene Anforderungen zu beachten: Aus medizinischer Sicht gibt es im Screeningablauf einen hohen Zeitdruck, denn es gibt Störungen, die lebensbedrohlich sind, wenn sie nicht umgehend behandelt werden. Bei einer solchen genetischen Reihenuntersuchung haben wir zu Recht aber auch wichtige Vorgaben des Datenschutzes und der Gendiagnostikkommission zu beachten. Im engen Austausch mit zahlreichen Fachgesellschaften haben wir beide Anforderungen miteinander vereinbart und praktikable Lösungen gefunden.“
Wann und wie wird das Screening durchgeführt?
Unverändert gilt: Sofern die Eltern einverstanden sind, werden für das erweiterte Neugeborenen-Screening am zweiten oder dritten Lebenstag – also in der Regel bei der zweiten Vorsorgeuntersuchung (U2) – einige Blutstropfen vom Neugeborenen entnommen und auf eine spezielle Filterpapierkarte gegeben. Diese Trockenblutkarte wird zur Analyse sofort zu einem Screeninglabor geschickt. Das Screening auf Mukoviszidose kann zur gleichen Zeit und aus derselben Blutprobe erfolgen.
Ein auffälliges Screening-Ergebnis ist keine Diagnose einer Erkrankung, aber es ist ein Hinweis, dem nachgegangen werden muss: Durch Kontrolle des ersten Ergebnisses oder eine gezielte Abklärungsdiagnostik.
Wie erfahren Eltern zukünftig, dass einem Screening-Ergebnis nachgegangen werden muss?
Ist bei einem Neugeborenen das Screening-Ergebnis auffällig, wird bislang der Einsender der Trockenblutkarte – in der Regel die Geburtsklinik – vom Screeninglabor über den Befund und die Notwendigkeit einer weiteren Untersuchung informiert. Der Einsender verständigt dann die Eltern. Um zeitliche Verzögerungen bei der Übermittlung eines auffälligen Ergebnisses an die Eltern zu vermeiden, wird zukünftig die Laborärztin oder der Laborarzt direkt die Eltern kontaktieren. Sie werden über die Notwendigkeit einer zeitnahen Kontrolle informiert oder für eine Abklärungsuntersuchung ggf. direkt an eine für die Erkrankung spezialisierte Einrichtung vermittelt.
Neu im Ablauf: Ein Erinnerungsmanagement – So funktioniert es
Neu aufgenommen in den Screening-Ablauf wurde auch ein sogenanntes Erinnerungsmanagement für Eltern: Es soll sicherstellen, dass allen auffälligen Screening-Ergebnissen nachgegangen wird. Stellt ein Screening-Labor fest, dass eine Blutprobe für die Kontrolle eines ersten Ergebnisses nicht termingerecht eingegangen ist, erinnert die Laborärztin oder der Laborarzt die Eltern an die notwendige Untersuchung. Erscheinen Eltern nicht zu dem mit der spezialisierten Einrichtung verabredeten Termin, wird das Screeninglabor von der Einrichtung darüber informiert. Die Eltern werden dann vom Labor wiederholt kontaktiert und auf die Notwendigkeit einer schnellen, fachkompetenten Abklärung und Weiterbetreuung hingewiesen.
Ab wann gelten die neuen Regelungen?
Bevor die neuen Regelungen greifen, sind noch folgende Schritte notwendig: Der Beschluss zur Änderung der Kinder-Richtlinie wird nun dem Bundesministerium für Gesundheit zur rechtlichen Prüfung vorgelegt. Nach einer Nichtbeanstandung veröffentlicht der G-BA den Beschluss im Bundesanzeiger und die Änderungen treten in Kraft. Da für die Vorbereitung der neuen Informationswege zwischen allen Beteiligten Zeit benötigt wird, sind die Änderungen erst sechs Monate nach Inkrafttreten des Beschlusses anzuwenden.
Hintergrund: erweitertes Neugeborenen-Screening und Screening auf Mukoviszidose
Mit Hilfe des erweiterten Neugeborenen-Screening und des Screenings auf Mukoviszidose können derzeit 17angeborene Störungen des Stoffwechsels,des Hormon-, des Blut-, des Immunsystemsund des neuromuskulären Systems frühzeitig entdeckt werden. Die meisten Störungen sind genetisch bedingt und könnennicht geheilt werden. Jedoch kann ein möglicher Krankheitsausbruch mit einer entsprechend frühzeitigen Behandlung vermieden bzw. der Krankheitsverlauf so vermindert werden, dass die Kinder sich weitestgehend altersentsprechend entwickeln können.
Alle Früherkennungsuntersuchungen für Kinder, die als reguläre Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung angeboten werden, sind Bestandteil der Kinder-Richtlinie des G-BA.