Frühe Nutzenbewertung: G-BA berät über Benennung von Arzneimittelkombinationen
Berlin, 28. August 2023 – Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) setzt derzeit einen aktuellen gesetzlichen Auftrag um und berät darüber, wie in seinen Beschlüssen zur frühen Nutzenbewertung von neuen Arzneimitteln auch Kombinationstherapien zu benennen sind. Dabei geht er schrittweise vor. In der heutigen mündlichen Anhörung befasste sich der G-BA nun auch mit jenen Beschlüssen zur Nutzenbewertung, die bereits vor dem gesetzlichen Auftrag gefasst wurden (Bestandsbeschlüsse). In der Anhörung wurden die Hintergründe zu der aktuellen Benennungspraxis von Seiten des G-BA diskutiert und zudem erläutert, dass diese erforderlich ist um den gesetzlichen Auftrag angemessen umzusetzen. Sofern eine theoretisch mögliche – und damit vom G-BA zu benennende – Kombination nicht eingesetzt wird, kommt es für die pharmazeutischen Unternehmer auch nicht zum gesetzlich vorgesehenen finanziellen Kombinationsabschlag. Mit dem Auftrag an den G-BA will der Gesetzgeber erreichen, dass den sehr hohen Kosten bei Anwendung von Kombinationen neuer Wirkstoffe ein angemessener Zusatznutzen gegenübersteht.
Dazu Prof. Josef Hecken, unparteiischer Vorsitzender des G-BA und Vorsitzender des Unterausschusses Arzneimittel: „Der G-BA hat unmittelbar nach Inkrafttreten des Gesetzes damit begonnen, die Anwendungsgebiete der zu bewertenden Wirkstoffe in Bezug auf mögliche Kombinationstherapien hin zu überprüfen. Ein Identifizieren von im Anwendungsgebiet konkret benannten Wirkstoffen als Kombinationen ist im Sinne des gesetzlichen Auftrags allerdings zu einschränkend. Unsere nun vorgesehenen Benennungen sind somit ein vollständiges Umsetzen des gesetzlichen Auftrags. In der klinischen Praxis werden durchaus unterschiedliche Wirkstoffe und Wirkprinzipien miteinander kombiniert, sofern deren gemeinsamer Einsatz nicht durch die Fachinformation verboten ist. Beispielsweise werden in der klinischen Praxis zur Behandlung von Patientinnen und Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz neue Wirkstoffe zusammen eingesetzt, ohne dass ein Hinweis auf einen möglichen kombinierten Einsatz in der Fachinformation zu finden ist.“
Hecken weiter: „Das vom Gesetzgeber klar definierte mittelfristige finanzielle Einsparpotential von 185 Mio. Euro, das mit dem Kombinationsabschlag erwartet wird, kann nur erreicht werden, wenn nahezu alle arzneimittelrechtlich möglichen Kombinationen beim Benennen der Kombinationstherapien erfasst werden. Darauf hat uns der Gesetzgeber hingewiesen. Deshalb hat der G-BA sein anfänglich behutsames Vorgehen angepasst und zielt nun auf eine vollständige Umsetzung des gesetzlichen Auftrags ab. Durch diese formalen Benennungskriterien kommt es vor, dass Arzneimittel als mögliche Kombinationspartner benannt werden, die in der klinischen Praxis nicht oder noch nicht eingesetzt werden. Dieses eventuell für Praktiker irritierende Vorgehen dient ausschließlich dazu, dass der vom Gesetzgeber gewünschte Kombinationsabschlag umgesetzt werden kann. Weder wird durch das Benennen von Kombinationen der ärztliche Behandlungsspielraum bei der Arzneimitteltherapie eingeschränkt, noch sind damit Aussagen zur Zweckmäßigkeit oder Wirtschaftlichkeit der benannten Kombination im Rahmen der Nutzenbewertung verbunden. Wenn also eine Kombination in der Praxis für das gleiche Anwendungsgebiet gar nicht eingesetzt wird, kommt es auch nicht zum Kombinationsabschlag für die Hersteller.“
Der G-BA setzt nun seine Beratungen zu den Kombinationstherapien fort und wird dabei die vorgetragenen Argumente diskutieren. Angestrebt wird, einen Beschluss zur Anpassung der Arzneimittel-Richtlinie um eine neue Anlage XIIa und der betroffenen Beschlüsse zur Nutzenbewertung im September oder Oktober 2023 zu fassen.
Hintergrund: Kombinationstherapien in der frühen Nutzenbewertung
Mit dem GKV-Finanzstabilisierungsgesetz übertrug der Gesetzgeber dem G-BA eine zusätzliche Aufgabe bei der frühen Nutzenbewertung eines neuen Arzneimittels: Er soll jeweils alle Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen benennen, die in dem Anwendungsgebiet aufgrund ihrer Zulassung auch in einer Kombinationstherapie mit dem bewerteten Arzneimittel eingesetzt werden können. Als Kombinationspartner können laut Gesetzgeber nur Arzneimittel benannt werden, bei denen der G-BA bei seiner Nutzenbewertung der Kombinationstherapie keinen beträchtlichen oder erheblichen Zusatznutzen festgestellt hat beziehungsweise – nach beantragter Prüfung – erwarten lässt. Das Benennen der Kombinationen ist die Voraussetzung dafür, dass der gesetzlich vorgesehene Kombinationsabschlag von 20 Prozent umgesetzt werden kann.
Zur Umsetzung seines gesetzlichen Auftrags veröffentlicht der G-BA seit Juni 2023 im jeweiligen Stellungnahmeverfahren zur Nutzenbewertung eines neuen Arzneimittels auch einen Entwurf für die Benennung von Kombinationstherapien. Dahingehende Stellungnahmen können als Teil der Stellungnahme zur Nutzenbewertung eingebracht werden. Für die bis zum 12. November 2022 gefassten Beschlüsse (Bestandsbeschlüsse) läuft derzeit das genannte Stellungnahmeverfahren.