Behandlung von Hirnmetastasen mittels stereotaktischer Radiochirurgie wird auch ambulante Leistung
Berlin, 20. Oktober 2022 – Die stereotaktische Radiochirurgie – eine einmalige hochdosierte präzise Bestrahlung von Tumorgewebe – wird auch in der ambulanten Versorgung eine Therapieoption für Patientinnen und Patienten mit Hirnmetastasen. Dies hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) heute nach Auswertung der aktuellen Studienlage beschlossen. Vor allem im Vergleich zu einer Ganzhirnbestrahlung gehen mit der stereotaktischen Radiochirurgie nachweislich geringere Nebenwirkungen einher und das umliegende Hirngewebe wird geschont. Voraussichtlich ab Juli 2023 können niedergelassene Fachärztinnen und Fachärzte für Strahlentherapie sowie für Neurochirurgie die stereotaktische Radiochirurgie zur Behandlung von Hirnmetastasen einsetzen.
Stereotaktische Radiochirurgie – eine einmalige Hochpräzisionsbestrahlung
Die stereotaktische Radiochirurgie ist eine besondere Form der Strahlentherapie bei Krebserkrankungen: Mit einer hohen Strahlendosis wird ausschließlich das Tumorgewebe behandelt. Für diese einmalige Hochpräzisionsbestrahlung sind eigens entwickelte Geräte notwendig – sie müssen entweder mit Kobalt-60-Gammastrahlungsquellen ausgerüstet oder als Linearbeschleuniger konstruiert sein. Sie werden beispielsweise auch als „Gammaknife“ oder „Cyberknife“ bezeichnet.
Hingegen kann bei der fraktionierten stereotaktischen Strahlentherapie die Strahlendosis über mehrere Therapiesitzungen aufgeteilt werden – sie ist bereits ambulante Kassenleistung und war deshalb kein Gegenstand der Bewertung durch den G-BA.
Neue ambulante Therapieoption bei Hirnmetastasen
Als Komplikation einer bösartigen Krebserkrankung können sich im Hirngewebe Metastasen (Absiedlungen) bilden. Etwa 8 bis 20 Prozent der Krebserkrankten sind hiervon betroffen – am häufigsten treten sie bei Lungen-, Brust- und Hautkrebs auf. Typische Warnsignale, dass sich eine oder mehrere Hirnmetastasen entwickelt haben, sind Kopfschmerzen, Anfälle, Beeinträchtigungen beim Gehen und in der Wahrnehmung.
Abhängig von der Größe und Lage der Hirnmetastasen, von der Kontrolle des sogenannten Primärtumors und vom Allgemeinzustand der betroffenen Patientinnen und Patienten gibt es grundsätzlich verschiedene Therapieoptionen: Neben der künftig auch ambulant möglichen einmaligen stereotaktischen Radiochirurgie sind das beispielsweise die mikrochirurgische Entfernung der Metastasen, die Ganzhirnbestrahlung und die fraktionierte stereotaktische Strahlentherapie. Ob die stereotaktische Radiochirurgie innerhalb des Gesamtbehandlungskonzeptes einer Patientin oder eines Patienten die beste Therapiealternative ist, ist zukünftig von einer sogenannten Tumorkonferenz zu beraten, in der alle indikationsbezogenen Fachdisziplinen vertreten sind.
Inanspruchnahme voraussichtlich ab Juli 2023
Im Krankenhaus kann die stereotaktische Radiochirurgie bereits angewendet werden. Bevor sie auch als ambulante Leistung von Fachärztinnen und Fachärzten erbracht und abgerechnet werden kann, sind noch folgende Schritte notwendig: Nach der Nichtbeanstandung durch das Bundesministerium für Gesundheit wird der Beschluss im Bundesanzeiger veröffentlicht und tritt in Kraft. Anschließend muss noch der sogenannte Bewertungsausschuss der Ärzte und Krankenkassen – ein Gremium, in dem der G-BA nicht eingebunden ist – über die Höhe der ärztlichen Vergütung entscheiden. Hierfür hat der Bewertungsausschuss maximal sechs Monate Zeit.
Weitere Anwendungsgebiete
Der G-BA hatte die stereotaktische Radiochirurgie bereits im Juli 2022 für die Behandlung von Vestibularisschwannomen – selten vorkommende gutartige Tumoren im Gehirn, die typischerweise vom Gleichgewichtsnerv ausgehen – in den ambulanten Leistungskatalog aufgenommen. Sie wird voraussichtlich ab April 2023 zur Verfügung stehen.
Hintergrund – Bewertung der stereotaktischen Radiochirurgie
Ob eine neue Untersuchungs- oder Behandlungsmethode als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zur Verfügung steht, ist vom Gesetzgeber für die ambulante und stationäre Versorgung unterschiedlich geregelt. Arztpraxen dürfen neue Methoden erst dann als Kassenleistung anbieten, wenn der G-BA sie für den ambulanten Einsatz geprüft hat und zu einem positiven Ergebnis kam. Im Krankenhaus können medizinische Methoden zulasten der GKV erbracht werden, solange sie nicht vom G-BA ausgeschlossen wurden.
Die Dokumente des nun abgeschlossenen Bewertungsverfahrens sowie Verweise auf zugehörige Verfahren sind auf der Website des G-BA zu finden: Stereotaktische Radiochirurgie bei Hirnmetastasen (§ 135 SGB V)
Grundlegende Informationen zu den Aufgaben des G-BA bei der Bewertung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden bietet das Thema Methodenbewertung.