IQWiG-Berichte zu Diagnostik und Therapie von Adipositas vorgelegt: Gemeinsamer Bundesausschuss berät nun die detaillierten DMP-Anforderungen
Berlin, 16. September 2022 – Auf Basis der vom Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) vorgelegten Berichte zum Stand der medizinischen Erkenntnisse zur Diagnostik und Therapie von Adipositas wird der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) nun die Anforderungen an ein strukturiertes Behandlungsprogramm (DMP) beraten. In dem DMP sollen die Patientinnen und Patienten leitliniengerecht und einrichtungsübergreifend behandelt und im Umgang mit der Adipositas unterstützt werden. Denn das derzeitige Versorgungsangebot ist unzureichend. Der G-BA wird die detaillierten Anforderungen an das DMP Adipositas bis zum 31. Juli 2023 beschließen.
Karin Maag, unparteiisches Mitglied des G-BA und Vorsitzende des beschlussvorbereitenden Unterausschusses hierzu: „Wie erhofft gibt es wissenschaftlich belastbare Leitlinienempfehlungen zur Diagnostik einer Adipositas, zur Abgrenzung der Schweregrade und der Behandlung: sowohl für Kinder und Jugendliche, als auch für Erwachsene. Eine der großen Herausforderungen für die weiteren Beratungen wird es nun sein, den genauen Kreis der Versicherten zu definieren, die von einem DMP profitieren würden. Denn die Berichte des IQWiG zeigen, dass ein reines Abstellen auf den Body-Mass-Index zu kurz greifen würde.“
Anhand der vom IQWiG recherchierten und ausgewerteten medizinischen Leitlinien wird der G-BA folgende Versorgungsaspekte definieren:
- Diagnostik
- Therapieziele
- allgemeine Grundsätze der Therapie und therapeutische Maßnahmen
- Langzeitbetreuung
- Berücksichtigung von Begleiterkrankungen
- Kooperation der Versorgungssektoren
- Schulungsangebote für die DMP-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer
- Einsatz von digitalen medizinischen Anwendungen
Wird es ein Stellungnahmeverfahren zum Entwurf der DMP-Anforderungen geben?
Das gesetzlich vorgesehene Stellungnahmeverfahren wird vom G-BA eingeleitet, wenn er seine Beratungen für weitestgehend abgeschlossen hält. Die stellungnahmeberechtigten Organisationen und Sachverständigen erhalten einen Beschlussentwurf einschließlich begründender Unterlagen. Die Ergebnisse fließen in die weiteren Beratungen ein. Dabei prüft der G-BA, inwieweit sich aus dem Stellungnahmeverfahren Änderungen an dem bisherigen Entwurf ergeben.
Ab wann können sich Versicherte in ein DMP Adipositas einschreiben?
Bis sich gesetzlich Versicherte in ein DMP Adipositas einschreiben können, sind noch mehrere Schritte notwendig. Nachdem der G-BA die DMP-Anforderungen beschlossen hat, prüft die Rechtsaufsicht – das Bundesministerium für Gesundheit – ob der Beschluss rechtskonform ist. Ist dies der Fall, wird der Beschluss im Bundesanzeiger veröffentlicht und tritt in Kraft.
Auf Basis der DMP-Anforderungen schließen dann Krankenkassen und ambulante und stationäre Einrichtungen auf regionaler Ebene die notwendigen Verträge – diese müssen zudem vom Bundesamt für Soziale Sicherung geprüft und zugelassen werden. Erst wenn dies geschehen ist, können gesetzlich Versicherte – sofern sie die sogenannten Einschreibekriterien für das DMP erfüllen und ihre Krankenkasse das DMP anbietet – das neue Versorgungsangebot nutzen.
Hintergrund: Disease-Management-Programme
Die vom G-BA beauftragten Leitliniensynopsen zur Adipositas sowie die begleitende Pressemitteilung sind auf der Website des IQWiG veröffentlicht.
Disease-Management-Programme (DMP) sind strukturierte Behandlungsprogramme, die für bestimmte chronische Erkrankungen entwickelt und angeboten werden. Gesetzliche Grundlage ist § 137f SGB V. Der Auftrag an den G-BA, bis zum 31. Juli 2023 ein DMP Adipositas zu beschließen, geht auf das Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz (GVWG) zurück.
Die Anforderungen an ein DMP und die Dokumentation werden vom G-BA in der DMP-Anforderungen-Richtlinie geregelt. Sie umfassen unter anderem die empfohlene medizinische Behandlung nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft, Qualitätssicherungsmaßnahmen, Anforderungen an die Einschreibung der Versicherten in ein Programm und Schulungen der Leistungserbringer und der Versicherten.
Informationen zu bestehenden DMP, der Umsetzung durch Leistungserbringer und Krankenkassen sowie den beim G-BA Stellungnahmeberechtigten sind auf der Website des G-BA zu finden: Disease-Management-Programme