Personalausstattung in der stationären Psychiatrie und Psychosomatik: Gemeinsamer Bundesausschuss entwickelt Vorgaben weiter
Berlin, 15. September 2022 – Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat seine Mindestvorgaben zur Personalausstattung von psychiatrischen und psychosomatischen Einrichtungen in mehreren Punkten angepasst. Zentrale Änderungen der sogenannten PPP-Richtlinie zielen darauf ab, den Dokumentationsaufwand für die Einrichtungen zu verringern und ihnen mehr Flexibilität beim Personaleinsatz zu geben. Zudem wurde für dezentrale kleine Standorte, wie Stand-alone-Tageskliniken, eine Sonderregelung beschlossen. Wie geplant, wird ab dem Jahr 2024 auch der pflegerische Nachtdienst in die Mindestvorgaben einbezogen. Der G-BA verlängerte darüber hinaus einige der Übergangsregelungen für die Umsetzung der Richtlinie und verschob nochmals den Beginn finanzieller Sanktionen. Wenn die Mindestvorgaben einrichtungsbezogen im Quartalsdurchschnitt nicht erfüllt werden, führt dies erst ein Jahr später – ab 2024 – zu einem Vergütungswegfall.
Eine weitere Anpassung der Richtlinie, die zu einer leitliniengerechten Versorgung beitragen soll, wird der G-BA nach Finalisierung und Auswertung der derzeit in der Wissenschaft und von den Fachgesellschaften diskutierten Personalbemessungsmodelle bis zum 31. Dezember 2025 vornehmen.
Dokumentationspflichten werden verringert
Die psychiatrischen und psychosomatischen Einrichtungen müssen seit dem Jahr 2020 dokumentieren, inwieweit sie die Mindestpersonalvorgaben erfüllen. In diesem Zusammenhang führte der G-BA auch stations- und monatsbezogene Nachweispflichten ein, um mehr über den tatsächlichen Personaleinsatz zu erfahren und um eine Datengrundlage für die Weiterentwicklung der Mindestvorgaben zu erhalten. Um die Einrichtungen von Dokumentationspflichten zu entlasten und ihnen damit zugleich eine größere Flexibilität beim Personaleinsatz zu geben, setzt der G-BA diese stations- und monatsbezogene Nachweispflicht ab dem 1. Januar 2023 für drei Jahre generell aus und erprobt, ob die benötigten Erkenntnisse auch über eine repräsentative Stichprobe gewonnen werden können. Lediglich 5 Prozent der Einrichtungen muss entsprechend weiterhin monats- und stationsbezogene Nachweise übermitteln.
Zu einer weiteren Vereinfachung der Dokumentationspflichten trägt beispielsweise auch bei, dass der G-BA bei der Eingruppierung von Patientinnen und Patienten auf die Differenzierung bestimmter Behandlungsbereiche verzichtet. Zudem können die sogenannten Regelaufgaben einer Einrichtung, die ab 2024 zu erfassen sind, auf Basis von Routinedaten dokumentiert werden.
Mindestvorgaben für den pflegerischen Nachtdienst
Mindestvorgaben gelten ab 1. Januar 2024 erstmals auch für den pflegerischen Nachtdienst. Diese Mindestvorgaben für die Anzahl von Pflegefachpersonen richten sich nach dem Anteil der intensivpflichtigen Patientinnen und Patienten in einer Einrichtung. Entsprechend sind für Einrichtungen der Psychosomatik und Einrichtungen ohne Intensivbetreuung keine Mindestvorgaben für den pflegerischen Nachtdienst vorgesehen.
Sonderregelung für dezentrale kleine Standorte
Stand-alone-Tageskliniken als eigene Standorte sind in der Regel kleine Einrichtungen mit einer geringen Anzahl an Plätzen. Aufgrund der räumlichen Entfernung vom Hauptstandort des Krankenhauses sind sie in ihren Möglichkeiten zur flexiblen Personalsteuerung – gerade bei „kleinen“ Berufsgruppen – stark eingeschränkt. Unterschreitet eine Stand-alone-Tagesklinik die Mindestvorgabe in einem Quartal, wirkt sich dies nicht mehr automatisch nachteilig auf die gesamte Einrichtung aus. Hierfür wurden entsprechende Ausnahmetatbestände festgelegt.
Übergangsregelungen werden verlängert
Mit Einführung der Mindestvorgaben im Jahr 2020 hatte der G-BA auch Übergangsregelungen beschlossen, die eine stufenweise Umsetzung vorsahen: Die Einrichtungen sollten genügend Zeit haben, die Vorgaben zu erfüllen. Angesichts der notwendigen Weiterentwicklung der Mindestvorgaben verständigte sich der G-BA nun darauf, die Übergangsregelungen für die Einrichtungen zu verlängern. Erst ab 1. Januar 2026 – und nicht schon ab 1. Januar 2024 – müssen die Einrichtungen 100 Prozent der Mindestpersonalvorgaben erfüllen. In den Jahren 2024 und 2025 liegt die Erfüllungsquote bei 95 Prozent. Angelehnt an die Verlängerung der stufenweisen Einführung greifen auch die finanziellen Folgen bei Nichterfüllung für psychiatrische Einrichtungen erst später.
Inkrafttreten
Der Beschluss wird dem Bundesministerium für Gesundheit zur rechtlichen Prüfung vorgelegt und tritt nach Nichtbeanstandung und Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft.
Hintergrund: Personalausstattung in der stationären Psychiatrie und Psychosomatik
Der G-BA legt in der Richtlinie über die Ausstattung der stationären Einrichtungen der Psychiatrie und Psychosomatik mit dem für die Behandlung erforderlichen therapeutischen Personal (PPP-RL) qualitätssichernde Maßnahmen für die stationäre psychiatrische, kinder- und jugendpsychiatrische und psychosomatische Versorgung fest. Die Erstfassung trat am 1. Januar 2020 in Kraft. Die seitdem getroffenen Beschlüsse nahmen beispielsweise Änderungen hinsichtlich der Nachweispflichten und Übergangsregelungen sowie Konkretisierungen der Regelungen vor. Zudem wurde der Beginn der Sanktionen bei Nichteinhaltung mehrfach verschoben.
Nähere Informationen sind auf der Website des G-BA zu finden: Personalausstattung in Psychiatrie und Psychosomatik
Beschluss zu dieser Pressemitteilung
Personalausstattung Psychiatrie und Psychosomatik-Richtlinie: Erste Anpassung gemäß § 1 Absatz 3