Registerstudie zur Gentherapie mit Zolgensma® startet
Berlin, 1. Februar 2022 – Erfahrungswerte aus der klinischen Praxis mit Zolgensma®, einer Gentherapie gegen bestimmte Formen der spinalen Muskelatrophie (SMA) bei Kindern, müssen ab sofort in Registern dokumentiert werden. Ein solches Behandlungsregister für Patientinnen und Patienten mit SMA ist beispielsweise das SMArtCARE-Register. Der pharmazeutische Unternehmer wertet die anonym erfassten Daten regelmäßig aus und übermittelt die Abschlussergebnisse spätestens 2027 an den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA). Mit der Registerstudie startet erstmals eine vom G-BA veranlasste anwendungsbegleitende Datenerhebung. Ziel ist es, für eine erneute Bewertung des Zusatznutzens von Zolgensma® gegenüber der Vergleichstherapie Spinraza® gute Daten zu erhalten.
Prof. Josef Hecken, unparteiischer Vorsitzender des G-BA und Vorsitzender des Unterausschusses Arzneimittel: „Der G-BA kann erst seit 2020 pharmazeutische Unternehmen dazu verpflichten, zu ihrem neuen Arzneimittel systematisch Daten aus der Versorgungspraxis zu erheben und auszuwerten. Dabei geht es um Arzneimittel, die mit einer Sonderzulassung auf den Markt gekommen sind, weil sie beispielsweise eine dringend benötigte Alternative für die Behandlung einer lebensbedrohlichen oder seltenen Krankheit sind. Zolgensma® gegen spinale Muskelatrophie ist ein solches Arzneimittel, das zudem als einmalig anzuwendende Gentherapie einen neuen Ansatz der Krankheitsbekämpfung verfolgt. Wir wissen bislang zu wenig darüber, wie der weitere Verlauf ist – lernen die behandelten Kinder beispielsweise sitzen und laufen und wenn ja, wie lange hält der Therapieerfolg an? Wie häufig treten Komplikationen auf, wie schwer sind die Nebenwirkungen? Über die nun startende Registerstudie wird Wissen zu genau diesen Fragestellungen zusammengetragen. Das passiert auf Basis eines Studienprotokolls, das wir sehr sorgfältig mit dem pharmazeutischen Unternehmer abgestimmt haben. Zudem wurde die Versorgungsbefugnis auf solche Leistungserbringer beschränkt, die an der geforderten anwendungsbegleitenden Datenerhebung mitwirken. Auf diesem Weg stellen wir sicher, dass wir die Behandlungserfolge für die betroffenen Kinder dann auch wirklich einschätzen können.“
Datenerhebung aus dem Behandlungsalltag
Im Februar 2021 hat der G-BA vom pharmazeutischen Unternehmer eine anwendungsbegleitende Datenerhebung gefordert. Zuvor wurde das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) beauftragt, im Rahmen einer Konzepterstellung Empfehlungen zu Art, Dauer und Umfang der Erhebung, zur Methodik und zur Auswertung der erhobenen Daten zu geben. Ausgehend vom vorgelegten Konzept des IQWiG und unter Berücksichtigung der Äußerungen im Beteiligungsverfahren – wie z. B. von den Bundesoberbehörden, den wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften, der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft und vom betroffenen pharmazeutischen Unternehmer – definierte der G-BA die verbindlichen Details der Datenerhebung.
Nachdem der G-BA nun das vom pharmazeutischen Unternehmer vorgelegte Studienprotokoll und den statistischen Analyseplan unter Auflagen bestätigt hat, kann die Datenerhebung starten. Mit dem Start der Registerstudie darf Zolgensma® nur dann eingesetzt werden, wenn die behandelnden Ärztinnen und Ärzten die geforderten Daten in einem Register für Patientinnen und Patienten mit SMA dokumentieren. Aufgrund der sehr kleinen Patientengruppe sollen möglichst alle Behandlungen erfasst werden.
Zolgensma® bei spinaler Muskelatrophie
Jährlich werden in Deutschland ca. 80 bis 120 Kinder mit dieser genetisch bedingten Krankheit geboren. Die SMA geht einher mit Muskelschwäche und Skelettverformungen. Sie führt in der schwersten Form unbehandelt zum Tod. Die wenigen Behandlungsmöglichkeiten beschränken sich derzeit (neben der Therapie mit Zolgensma®) auf eine dauerhafte Gabe des Arzneimittels Spinraza® oder auf eine patientenindividuell optimierte, unterstützende Behandlung, um Symptome zu lindern und die Lebensqualität zu verbessern.
Aufgrund der Neuartigkeit des Therapieansatzes von Zolgensma®, bei dem eine Kopie des fehlenden Gens geliefert wird, hat der G-BA hohe Anforderungen an die fachlichen Erfahrungen der Einrichtungen definiert, um im Sinne der Patientensicherheit die Therapie auf besonders spezialisierte Behandlungseinrichtungen zu konzentrieren. Diese Qualitätsanforderungen gelten bereits seit April 2021.
Hintergrund: Anwendungsbegleitende Datenerhebung bei neuen Arzneimitteln mit Sonderzulassungen
Einige Arzneimittel, für die zum Zeitpunkt der Zulassung nur begrenzt aussagekräftige Daten zur Verfügung stehen, erhalten von den Zulassungsbehörden dennoch grünes Licht. In diesen Fällen liegen besondere Umstände vor, die eine Sonderzulassung ermöglichen. Für diese Arzneimittel kann der G-BA eine anwendungsbegleitende Datenerhebung fordern. Das hat er auch bei Zolgensma® – einem Arzneimittel gegen seltene Erkrankungen – getan. Die vorhandene Studienlage und die vom pharmazeutischen Unternehmer übermittelten Daten haben für Zolgensma® bislang keinen Zusatznutzen gegenüber Spinraza® belegen können: Zu diesem Ergebnis kam der G-BA mit Beschluss vom 4. November 2021.
Nähere Informationen sind auf Website des G-BA zu finden unter: Anwendungsbegleitende Datenerhebung bei neuen Arzneimitteln
Beschlüsse zu dieser Pressemitteilung
- Arzneimittel-Richtlinie/Anlage XII: Onasemnogen-Abeparvovec (spinale Muskelatrophie) – Forderung einer anwendungsbegleitenden Datenerhebung und von Auswertungen
- Arzneimittel-Richtlinie/Anlage XII: Onasemnogen-Abeparvovec (spinale Muskelatrophie) – Forderung einer anwendungsbegleitenden Datenerhebung und von Auswertungen – Änderungen