Neue Früherkennungsuntersuchung bei Neugeborenen: Pulsoxymetrie-Screening auf kritische angeborene Herzfehler
Berlin, 24. November 2016 – Kritische angeborene Herzfehler bei Neugeborenen können künftig besser entdeckt und damit frühzeitiger behandelt werden. Mit einem entsprechenden Beschluss ergänzte der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) am Donnerstag in Berlin die Kinderuntersuchung U1/U2 um die Pulsoxymetrie. Mit dieser Methode können bestimmte Herzfehler erkannt werden, die bei Ultraschalluntersuchungen während der Schwangerschaftsvorsorge oder nach der Geburt bislang nicht entdeckt werden konnten. Diese sogenannten kritischen angeborenen Herzfehler sind Fehlbildungen am Herzen und seinen Gefäßen. Diese können den Blutkreislauf so stark behindern, dass das Kind ohne Behandlung kaum eine Überlebenschance hat. Durch das Screening soll ein unverzüglicher Behandlungsbeginn ermöglicht werden.
„Mit dem Pulsoxymetrie-Screening können wir bei der Untersuchung von Neugeborenen eine diagnostische Lücke schließen“, erklärte Dr. Harald Deisler, unparteiisches Mitglied im G-BA und Vorsitzender des Unterausschusses Methodenbewertung. „Bei ungefähr 3 von 10.000 Babys liegt ein kritischer angeborener Herzfehler vor, den man beim Vorsorge-Ultraschall und bei den klinischen Routineuntersuchungen nach der Geburt zunächst nicht erkennen kann. Den betroffenen Neugeborenen kann nun besser geholfen werden. Man kann ihren Zustand früher stabilisieren und sie umgehend behandeln.“
Die Pulsoxymetrie misst mithilfe eines Lichtsensors den Sauerstoffgehalt im Blut des Neugeborenen. Zu wenig Sauerstoff kann auf einen kritischen angeborenen Herzfehler hinweisen. Für die Untersuchung ist keine Blutabnahme nötig. Sie ist schmerzfrei und dauert nur wenige Sekunden. Am Fuß des Babys wird dabei ein Sensor angelegt, der mit einem Bildschirm verbunden ist. Dieser zeigt das Ergebnis sofort an.
Der beste Zeitpunkt für diese Früherkennungs-Untersuchung liegt nach der 24. und bis zur 48. Lebensstunde. Bei ambulanten Geburten im Krankenhaus kann die Pulsoxymetrie vorgezogen werden – frühestens 4 Stunden nach der Geburt soll diese vorgenommen werden. Bei Hausgeburten kann sie spätestens im Rahmen der U2 erfolgen. Die Ergebnisse der Pulsoxymetrie und gegebenenfalls der weiterführenden Abklärungsdiagnostik werden im Gelben Kinderuntersuchungsheft dokumentiert. Bestandteil der ärztlichen Aufklärung der Eltern vor der Untersuchung ist eine schriftliche Elterninformation mit Erläuterungen zum Screening.
Der jetzt getroffene Beschluss des G-BA enthält Vorgaben zur Durchführungsverantwortung, Qualifikation der Ärztinnen und Ärzte und zur apparativen Ausstattung der durchführenden Einrichtung. Er wird dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) zur Prüfung vorgelegt und tritt nach Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft.
Zum Hintergrund
Der Beschluss zur Einführung des Pulsoxymetrie-Screenings ergänzt die Kinder-Richtlinie des G-BA. Darin wird der Inhalt der Früherkennungsuntersuchungen (U1 bis U9 sowie weiterer spezifischer Untersuchungen) festgelegt. Diese Untersuchungen werden als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung angeboten und im sogenannten „Gelben Heft“ dokumentiert.
Kinder bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres haben Anspruch auf Untersuchungen zur Früherkennung von Krankheiten, die ihre körperliche oder geistige Entwicklung in nicht geringfügigem Maße gefährden.
Die gesetzlichen Grundlagen für die Entwicklung von Früherkennungsuntersuchungen bei Kindern durch den G-BA sind §§ 92 und 26 SGB V.